Volltext: Alt-Nürnberg

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spruchlosigkeit, ein durch und durch guter Mensch, hatte er seinen 
langen Lebensweg durchschritten und niemals hat er etwas höheres 
scheinen wollen als er war, darum war auch sein Andenken den Zeit⸗ 
genossen so teuer. An seinem Grabe sangen die Meistersinger von 
Nürnberg ein Abschiedslied; seine Ruhestätte auf dem Johanniskirchhof 
ist nicht bekannt. In den Schulen der Meistersinger lebte sein Ge— 
dächtnis fort, solange noch Trümmer dieser eigentümlichen Frucht 
deutschen Bürgertums vorhanden waren. In den Kreisen der soge— 
nanuten Gebildeten aber war sein Name bald verschollen und in den 
folgenden Zeiten, die selbst poesielos waren bis zum Entsetzen, hatte 
man bloß Spott und Hohn für den Schuster von Nürnberg. Erst 
nachdem ein Schüler Gottscheds, der Professor Ranisch, 1765 durch 
seine „Historisch-kritische Lebensbeschreibung von Hans Sachs“ das 
Wirken desselben ins richtige Licht gestellt und nachdem kurz darauf 
und zwar gerade 200 Jahre nach dem Tode des Nürnberger Volks— 
dichters der für alle volksmäßige Dichtung feinfühlige 27 jährige 
Goethe in seinem Gedicht „Hans Sachsens poetische Sendung“ dessen 
Schaffen liebevoll verherrlicht hatte, kam der Name Hans Sachs 
allmählich wieder zur Geltung. Die Litteraturgeschichtschreiber räumten 
ihm in den Reihen deutscher Dichter den gebührenden Platz ein; 
König Ludwig J. von Bayern ließ seine Büste in der baherischen 
Ruhmeshalle auf der Sendlinger Höhe aufstellen; der litterarische 
Verein in Stuttgart veranstaltete eine neue Herausgabe seiner zahl— 
reichen Werke; der Dichterkomponist Richard Wagner nahm ihn und 
die Meistersinger zum Vorwurf einer seiner Opern und endlich, fast 
300 Jahre nach des Dichters Tod, sah auch seine Vaterstadt auf dem 
Spitalplatz in der Nähe seines einstmaligen Wohnhauses sein Denkmal 
in Erz erstehen. Am Johannestag 18724 ist dasselbe unter der Teil— 
nahme zahlreich aus allen Gauen Deutschlands herbeigekommener 
Schuhmachermeister feierlich enthüllt worden. Zu einer Huldigung 
in großartigstem Maße für den Genius des Nürnberger Volksdichters 
gestaltete sich endlich dessen 400. Geburtsfeier am 5. November 1894 
nicht in seiner Vaterstadt allein, sondern auch in vielen großen und 
kleinen Städten des deutschen Reichs und Deutschösterreichs. Durch 
die ebenso fein ersonnenen als glänzend ausgeführten Ehrenerweis— 
ungen für diesen klassischen Repräsentanten Alt-Nürnbergs hat 
sich das verjüngte Nürnberg selbst geehrt. 
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Noch zu Hans Sachsens Lebzeiten versuchte der Spitalschreiber 
Peter Probst in die Fußtapfen des berühmten Landsmanns zu 
treten, doch blieb er fast durchweg hinter seinem Vorbild zurück. 
Seine Meisterlieder sind allergewöhnlichsten Schlags, seine Fastnacht—
	        
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