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die Figur des tölpelhaften Bauern, auf dessen Kosten zum Gaudium
der städtischen Zuhörer die derbsten Witze geliefert werden. Im Vers—
bau wie im Reim aber war Folz seinem Vorgänger Rosenplüt un—
bedingt überlegen. — Ein anderer Nürnberger Volksdichter jener
Zeit war Hans Kugler, der sich stets als Diener des weisen Rats
hon Nürnberg bezeichnet und das Lied auf den bekannten Placker
Schüttensam verfaßte.
Doch wahrscheinlich noch ehe der lustige Barbier das Zeitliche
gesegnet hatte, war in Nürnberg ein dritter Hans zur Welt ge—
in nen, dem es beschieden war, die deutsche Volksdichtung auf eine
zöhere Stufe und in eine reinere Luftschicht zu erheben.
Hans, der einzige Sproß des in der Kot-(Brunnen-)gasse be—
hausten Schneidermeisters Jörg Sachs wurde am 8. November
1494 geboren. Als es Zeit war, besuchte Hans bis zu seinem 15.
Jahre die Heil. Geist-Spital-Schule, erlernte dann das Schuhmacher—
handwerk und begab sich nach überstandener Lehrzeit auf die Wander—
schaft, auf welcher er zuerst Bayern und Osterreich, hernach das
Main- und Rheingebiet bereiste. Dort besuchte er Regensburg,
Passau, Salzburg, Hall, Braunau, Wels, München, Landshut, Otting
und Burghausen; hier Würzburg, Frankfurt, Koblenz, Köln und
Aachen. Daß der junge Mann während seiner fünfjährigen Wander—
schaft Menschen und Dinge fleißig beobachtete, zeigen seine späteren
Schriften und daß er schon von früh an von höherem Streben be⸗
seelt war, erfahren wir aus seinen Bekenntnissen. Vor allem fesselte
ihn die Liebe zur Poesie in der Form der Meistersingerei, in welcher
er schon während seiner Nürnberger Lehrzeit durch den Leineweber
Lienhard Nunnenbeck, einen eifrigen Meistersinger, eingeführt worden
war. Wo er auf seiner Wanderschaft Meistersinger zu finden wußte,
nahm er an ihren Übungen teil; auch hat er sich schon damals in
eigenen Tönen versucht.
Im zweiten Jahr nach seiner Rückkehr in die Heimat gründete
Hans Sachs nach erworbenem Meisterrecht den eigenen Herd in
seinem Geburtshause, das ihm von den Eltern zum Eigen zuge—
schrieben war. Zur trauten Lebensgenossin hatte er sich die 1I—
jährige Kunigunde Kreuzer von Wendelstein erwählt, die als tüchtige
Hausfrau 41 Jahre lang Freud und Leid mit ihm teilte. Frau
Kunigunde führte ein scharfes Hausregiment, doch kam der gemüts—
reiche und humorbegnadete Gatte gut aus mit ihr und die Ehe war,
wie der Dichter in einem zum Andenken der i. J. 1560 Verschiedenen
verfaßten Gedichte verkündet, eine äußerst glückliche. Der einzige
schwarze Schatten. den das Schicksal in seine Häuslichkeit warf, war
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