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zogen die Preussen, welche seit dem 1. September die Posten be-
setzt hielten, wieder ab.
Und um das Mass voll zu machen, kamen schliesslich. noch die
Freunde, die Österreicher. Wenn die Franzosen nur 17 Kanonen
mitgenommen hatten, so leerten jene bei ihrem Abzuge das berühmte
Zeughaus vollständig aus, angeblich, um seinen reichen Inhalt nicht
in die Hände der Franzosen fallen zu lassen.
So wurde die Stadt bedrängt, misshandelt, gepeinigt. Da
war es ein Glück zu nennen, dass sie nach all den Drangsalen
und Schlägen, als sie arm und verschmäht am Boden lag, endlich
den Retter fand, der sie aufhob und sich ihrer erbarmte. Am
15. September 1806 wurde Nürnberg dem Königreich Bayern ein-
verleibt.
Jetzt endlich war es der Stadt vergönnt, unter dem Schutze
eines Stärkeren auszuruhen, sich von den schweren Wunden und
Schlägen zu erholen, sich auf sich selbst, auf ihren einstigen Wert
zu besinnen. Sie erholte sich langsam und lebte wieder auf. An
alte Fäden wurde wieder angeknüpft. Während manche Handwerke
und Hantierungen sich nicht mehr erhalten konnten, weil sie keinem
Bedürfnisse mehr entsprachen, wuchs eine grosse Anzahl einer neuen
Blüte entgegen und manche entwickelten sich ins Bedeutende. Mit
der Einführung der Dampfkraft entstand die Grossindustrie, die
seit dem Ende der 30er Jahre anfängt in Nürnberg Wurzel zu
fassen und sich bald auf das kräftigste entwickelt. Aus sich selbst
heraus, ohne fremdes Zuthun, ist sie, wie die Stadt selbst, gross
geworden, ist sie zu einer Höhe emporgewachsen, dass sie mit den
grössten Industriezentren in erfolgreichen Wettkampf eintreten
kann. Ob wir von der Freiung der Burg unseren Blick über die
Stadt und ihre Umgebung schweifen lassen, ob wir in die grossen
Betriebe oder in die kleineren Werkstätten unseren Fuss setzen,
überall empfangen wir denselben Eindruck: Arbeitslust, Arbeits-
kraft und Unternehmungsgeist sind hier vereint, um in dem grossen
Völkerwettbewerb einen ehrenvollen Platz zu erringen. Gediegen-
heit, Kunstfertigkeit und Schönheit, das sind heute wieder die Ziele,
denen, wie in der Glanzzeit des alten Nürnberg, das neue Nürn-
berg zustrebt. Auch jetzt ist die Gewerbthätigkeit der Stadt
eigenartig und ausserordentlich vielseitig. Die Grossindustrie aber
hat sich zu einer Weltindustrie entwickelt. Unter der steten Für-
sorge einer weitschauenden, zielbewussten und thatkräftigen Stadt-