Metadaten: Fürth in Vergangenheit und Gegenwart

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mittelst der Zinsen auf sonstige Abgaben abzurechnen. Aus den gemeind— 
lichen Einnahmen mußten sonach jährlich 5000 fl. nur an Zinsen gutge— 
schrieben werden. 
Zu diesen innern Verwaltungskalamitäten kam noch, daß auch bei den 
Einnahmen massenhafte Rückstände anwuchsen, welche 1821 aus den Klassen— 
anlagen allein die Summe von 32000 fl. betrugen. 
„Denkt man sich einen solchen verwirrten Haushalt, das Oberrabbinat 
und die Schule in der Hand eines 80jährigen altersschwachen Greises, 
Salomon Kohn, (gestorben 17. November 1819) der im Verein mit An— 
hängern jeder Regeneration der bisherigen Zustände positiv abhold, dem 
schon das Lesen einer neuen Schrift ein Grenel war, und der das Be— 
kanntwerden der Verordnungen des vormaligen jüdischen Konsistoriums in 
Kassel gleichsam mit dem Bann belegte, der, wenn gleich als Mensch voll 
Rechtschaffenheit und des reinsten sittlichen Wandels, als Oberrabbiner und 
geboörener Pole kaum vollstäudig der deutschen Sprache, geschweige einer 
tiefern Kenntnis irgend eines Gebietes der Wissenschaft sich rühmen konnte, 
und dennoch die hohe Schule der Gemeinde Fürth wenigstens überwachen 
sollte, so stellt sich die Sachlage klar, daß bei dem Erscheinen des Ediktes 
vom 10. Juni 1813 unter der nach der Matrikel mit Inbegriff aller 
Witwen 637 Familien zählenden jüdischen Gemeinde der Ruf nach Reform 
in jeder Richtung ertönen mußte. 
„Die am 11. Februar 1821 vorgenommene Wahl eines Oberrabbiners 
fiel auf Josua Bär Herzfelder, Oberrabbiner in Rawiz in Posen, auf Moses 
Minz aus Altofen, und Lazarus aus Micolos; allein sie wurde durch 
höchste Restripte vom 9. April und 3. September 1821 aus besonderen 
Gründen nicht genehmigt, und endlich stand man von der Wahl eines 
Oberrabbiners ganz ab. 
Der Stagtsregierung mußte darum zu thun sein, nach Entfernung 
der sämtlichen altorthodoxen Rabbiner das Rabbinat Fürth, als das her— 
vorragendste in Bayern, mit einem gesetzlich befähigt erklärten Manne um 
so mehr zu besetzen, als das Fortbestehen der Talmudschule eine solche 
Wahl unerläßlich machte. 
Diese Wahl lag in den Händen der jüdischen Gemeinde gesetzlich; 
ind sie im richtigen Verständnisse der Zeit und der eigenen Interessen zu 
treffen, wurde Aufgabe derselben. Allein sie zerklüftete sich in 2 Parteien, 
wobon die eine dem althergebrachten Judentume huldigte, während, die 
andere unter Festhaltung der Talmudlehre nur die Abschneidung ceremoniöser 
und mit dem Zeitgeist unverträglicher Auswüchse, mit einem Worte ge⸗ 
regelten Kultus und geordnetes Gemeinwesen wollte. 
„Aus Hamburg, Leipzig, Wien, Breslau und Berlin, wo das refor— 
mierte Judemum nach den Prinzipien eines Mendelssohn und Jakobssohn 
sich Bahn gebrochen hatte, leuchtete der Strahl der Aufklärung nach Fürth 
herüber, und wie in jenen Städten, so führte das Sträuben der Anhänger 
am Alten gegen diese Reformen auch in Fürth einen Kampf herbei, welcher 
notwendig zu Gunsten der Reform ausfallen mußte, weil das alte Ge— 
bäude durch und durch morsch war.
	        
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