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»ll. Die Festtage 4—
„unruhvolle Getriebe der Zeit den Sonnenschein des köstlichen
Humors fallen, der selbst das Häßliche, Niedrige und Gemeine
vergoldet und blitzartig den großen Zwiespalt der Menschen⸗
natur aufdeckt. Auch in ernsten Tönen klingt sein Lied, auch
ihn durchlodert heiliger Zorn, wenn es gilt, die Feinde der
Wahrheit und die Widersacher seiner von ihm so sehr geliebten
Vaterstadt zu treffen, aber in allen Dichtungen spürt man das
tiefe, reine und heitere Gemüt, das Kampf und Streit vermeiden
und das nicht Wunden reißen, sondern verbinden will. Was
seine Dichtung ist, hat er selbst in seiner originellen Weise so
schön gesagt, daß es verkehrt wäre, ihn nicht selbst zu Worte
kommen zu lassen. Bei der Herausgabe des zweiten Bandes
seiner Dichtungen im Jahre 1560 bittet er den Leser, das
Buch anzunehmen „für ein gemeines offens Lustgärtlein, so
an offner Strassen steht für den gemeinen Mann, darinn man
nicht allein findet etliche süß fruchttragende Bäumlein zur speyß
der gesunden, sondern Wurtz und Kraut, so reß und pitter sind
zu Artzney, die kranken Gemüter zu purgieren und die bösen
feuchtigkeit der Laster außzutreiben. Dergleich sindet man
darinn wolriechende Feyel, Rosen uud Lylien, auß den man
krefftige Wasser, öl und Säfft distilieren und bereyten mag,
die abkrefftigen und schwachen gemüter, so bekümmert und ab—
krefftig sind, zu stercken und wieder auffzurichten. Auch entlich
mancherley schlechte Gewechs und Feldplümlein, als Klee, Distel
und Korenplümlein, Doch mit schönen lieblichen farben, die
schwermütigen Melancolischen Gemüter frölich und leichtsinnig
zu machen. Bin also qguter tröstlicher Hoffnung, daß es on
nutz nit abgen werdt.“
Schon in seinem 21. Jahr, kurz bevor er von seiner
weitausgedehnten Wanderschaft in seine Vaterstadt zurückkehrte,
die er abgesehen von einigen Geschäftsreisen seitdem nicht mehr
verlassen hat, hatte er dem Dichter den Rat gegeben, den der
Theaterdirektor diesem im Vorspiel zu Goethes Faust erteilt:
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“