Volltext: Das Hans Sachsfest in Nürnberg am 4. und 5. November 1894

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»ll. Die Festtage 4— 
„unruhvolle Getriebe der Zeit den Sonnenschein des köstlichen 
Humors fallen, der selbst das Häßliche, Niedrige und Gemeine 
vergoldet und blitzartig den großen Zwiespalt der Menschen⸗ 
natur aufdeckt. Auch in ernsten Tönen klingt sein Lied, auch 
ihn durchlodert heiliger Zorn, wenn es gilt, die Feinde der 
Wahrheit und die Widersacher seiner von ihm so sehr geliebten 
Vaterstadt zu treffen, aber in allen Dichtungen spürt man das 
tiefe, reine und heitere Gemüt, das Kampf und Streit vermeiden 
und das nicht Wunden reißen, sondern verbinden will. Was 
seine Dichtung ist, hat er selbst in seiner originellen Weise so 
schön gesagt, daß es verkehrt wäre, ihn nicht selbst zu Worte 
kommen zu lassen. Bei der Herausgabe des zweiten Bandes 
seiner Dichtungen im Jahre 1560 bittet er den Leser, das 
Buch anzunehmen „für ein gemeines offens Lustgärtlein, so 
an offner Strassen steht für den gemeinen Mann, darinn man 
nicht allein findet etliche süß fruchttragende Bäumlein zur speyß 
der gesunden, sondern Wurtz und Kraut, so reß und pitter sind 
zu Artzney, die kranken Gemüter zu purgieren und die bösen 
feuchtigkeit der Laster außzutreiben. Dergleich sindet man 
darinn wolriechende Feyel, Rosen uud Lylien, auß den man 
krefftige Wasser, öl und Säfft distilieren und bereyten mag, 
die abkrefftigen und schwachen gemüter, so bekümmert und ab— 
krefftig sind, zu stercken und wieder auffzurichten. Auch entlich 
mancherley schlechte Gewechs und Feldplümlein, als Klee, Distel 
und Korenplümlein, Doch mit schönen lieblichen farben, die 
schwermütigen Melancolischen Gemüter frölich und leichtsinnig 
zu machen. Bin also qguter tröstlicher Hoffnung, daß es on 
nutz nit abgen werdt.“ 
Schon in seinem 21. Jahr, kurz bevor er von seiner 
weitausgedehnten Wanderschaft in seine Vaterstadt zurückkehrte, 
die er abgesehen von einigen Geschäftsreisen seitdem nicht mehr 
verlassen hat, hatte er dem Dichter den Rat gegeben, den der 
Theaterdirektor diesem im Vorspiel zu Goethes Faust erteilt: 
Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.“
	        
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