Volltext: Das Hans Sachsfest in Nürnberg am 4. und 5. November 1894

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II. Die Festtage 44 
„Gedichte: „Hans Sachsens poetische Sendung“ ein würdiges 
Denkmal gesetzt und ihn gepriesen als einen Meister, der die 
Welt mit den Augen Albrecht Dürers ansah und jedes Ding 
bei seinem rechten Namen nannte: 
Nichts verlindert und nichts verwitzelt, 
Nichts verzierlicht und nichts verkritzelt. 
Noch lange sollte es währen, bis man seinen Namen 
anders als mit spöttischer Miene nannte; glaubte man doch 
Grund genug zu haben, ihm jede höhere dichterische Begabung 
abzusprechen und zu behaupten, daß er handwerksmäßig wie 
seine Schuhe auch seine Verse gemacht habe. Und noch heute ist 
die Zahl derer keine kleine, die es nicht glauben wollen, daß 
er ein echter und rechter Dichter war. 
„Hans Sachs war ein Schuh— 
Macher und Poet dazu.“ 
Das ist ungefähr alles, was sie von ihm wissen. Man 
findet es höchst merkwürdig und interessant, daß ein biederer 
Nürnberger Schuhmacher sich im Meistergesang hervorgethan 
habe, und vernimmt mit staunender Miene, daß er über 6000 
Dichtwerke hinterlassen hat, aber man gibt sich nicht die Mühe, 
diese zur Hand zu nehmen und sich in sie zu vertiefen, wie es 
Goethe gethan hat. — Freilich, wer die Vergangenheit mit 
dem Maße der eigenen Zeit mißt, der kann nicht zu einer 
gerechten Würdigung derselben kommen, ebensowenig wie der der 
eigenen Zeit gerecht wird, der das Vergangene immer für das 
Bessere hält. Wir haben es jetzt gelernt, jede große Persön— 
lichkeit aus ihrer Zeit heraus zu erklären, und da tritt uns 
Hans Sachs aus der seinen als eine der freundlichsten Er— 
scheinungen entgegen. 
Weil er den Besten seiner Zeit genug gethan, darum 
mußte sein Name wieder aus der Vergessenheit auftauchen, in 
die deutscher Art und Sitte entfremdete Geschlechter ihn versenkt 
hatten. Es ward offenbar, daß dieser Mann im Schurzfell 
und mit der Ahle in der Hand von den Musen die Dichter-“
	        
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