Volltext: 1834-1884 (2. Band)

Nichts Außerordentliches mehr. 201 
(seine Selbstbiographie ist mir augenblicklich nicht erinnerlich): nach— 
dem der große Haufen zusammengelaufen war und Wunder schrie, 
und der Verüber das Wunder natürlich (ehrlich) erklären wollte, be— 
gann man den ungläubigen Rationalisten durchzuprügeln, und er 
mußte sich aus dem Staube machen. Das Glockenwunder blieb. 
Hat Kaspar je Regungen der Reue gespürt — und sie verraten sich 
in mancher Äußerung — so hätte er doch, wenn auch in ganz an— 
derem Sinne als Luther, nur seufzen können: Hier stehe ich, ich 
kann nicht anders, Gott hesfe mir! 
Übrigens Feuerbach selbst hatte schon stark die Wundersegel ge— 
strichen, denn die letzten Seiten seines Buchs enthielten eine Anzahl 
von Merkers Kritik erzwungener Konzessionen. „Kaspars Lebensweise 
ist jetzt fast ganz die gewöhnliche anderer Menschen . .. Die — fast 
übernatürliche Erhöhung seiner Sinne hat ebenfalls gegenwärtig ganz 
(hört!) nachgelafsen und (er ist) nicht mehr im stande, im Finstern 
zu lesen oder in weiter Entfernung die kleinsten Gegenstände zu er— 
kennen. Während er ehemals bei dunkler Nacht weit besser (7) und 
schärfer sah, als bei Tag)), ist es jetzt umgekehrt (genau also wie bei 
Feuerbach selbst). Von der Riesenhaftigkeit (7) seines Gedächtnisses 
und andern staunenswürdigen Eigenschaften ist keine Spur (hört) mehr 
zu finden. Nichts Außerordentliches ist mehr an ihm (hört!), als 
seine unbeschreibliche (7) Güte und Liebenswürdigkeit.“ 
Es ist also endlich Zeit, seinen unterirdischen Kerker zu sprengen: 
Dynamit brauchen wir dabei nicht, die Kritik seiner sogenannten 
weder irgend eine Gestalt gesehen, noch irgend eine Stimme, geschweige einen Wort— 
laut gehört habe, so kann ich über den Ursprung des wahrgenommenen Geräusches 
mag einen sehr „natürlichen“ Grund gehabt haben!) keine Auskunft geben ... 
dennoch — kam mir der Mann in den Sinn, der mich hieher geführt hatte.“ Bei 
Daumer wird dieser harmlose Stuhlgang im Freien ein „Auflauern“, ein Vorspiel 
zum Abtrittsattentat; Hauser war wieder einmal überhausert. 
1y Wäre Kaspar wirklich mit der als Aniridie bekannten Anomalie des 
Auges behaftet gewesen, so wäre der Fehler geblieben. Ein damit Behafteter 
sieht wirklich bei Nacht besser als bei Tage, weil er bei Tage durch die in die 
weite Pupille des Auges einfallende Lichtmasse geblendet ist. Nach einer Er— 
klärung von fachmännischer Seite (Frankfurter Zeitung im August 1886) kann 
jeder Mensch durch Einträufeln einiger Tropfen Atropin zwischen die Schleimhaut— 
falten der Augenlider künstlich in dieselbe Lage versetzt werden.
	        
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