Full text: 1834-1884 (2. Band)

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Ein Kaspar-Hauser-Komplott. 
Der Gedanke ist so unbeschreiblich komisch, daß wir das fromme 
Schandwerk dieses alleraußerordentlichst außerordentlichen „Professors“ 
in verföhnter Stimmung weglegen: es muß ja auch solche Käuze geben. 
Kaufmann Georg Treu zu Wien (III. Matthäusgasse 4) wendete 
ich den 25. Februar 1881 an den ehemaligen Minister von Freydorf 
und bot ihm im Auftrage eines ungenannten Freundes „sensations— 
dolle Skripturen, welche die Kaspar-Hauser-Affaire beträfen“, zum 
Kauf an. „Ein Geldgeschäft wird derselbe daraus nicht machen; 
hochstens reflektiert der Mann, da er in Ehrensachen sehr delikat ist 
(Heiterkeit im Centrum!), entweder auf Ersatz der wirklichen Er— 
cttehungskosten und was man ihm vielleicht als Remuneration offerirt, 
wenn (im Original ist dieser delikate Satz unterstrichen) sich keine 
passende Form findet, ihm einen Titel oder eine kleine Auszeichnung 
zu geben.“ Treu selbst (nomen est omen) verlangt weder Titel noch 
Orden noch Moneten, er hegt nur den einen zärtlichen Wunsch, „den 
don ihm hochgeschätzten Persönlichkeiten unliebsame Er— 
orterungen erspart zu sehen.“ Herr v. Freydorf aber war in seiner 
Antwort vom 25. Februar der Ansicht: „Von jeher haben geld⸗ 
hedürftige Schwindler geglaubt, daß Veröffentlichungen von Broschüren 
und Zeitungsartikeln, welche Kaspar Hauser zum badischen Fürsten— 
hause, wenn auch in aberteuerlichster und leicht zu widerlegender (so) 
Weise in Beziehung brächten, ein kleiner Skandal, und daß daher 
mit Andeutungen, es stehen solche Veröffentlichungen bevor, einiges 
Geld zu erhalten sei. Meine Meinung war immer: kurze und un— 
bedingte Abweisung, schon aus dem Grunde, weil, wenn man dem 
Strolche solche Dinge abkaufte, man keine Gewähr dafür hatte, daß 
er übermorgen wieder mit neuen derartigen Fabrikaten komme, man 
ihn im Gegenteil zur Wiederholung solch leichter Art des Erwerbs 
aufmunterte. Dieses System hat sich bewährt, und der Ehrenmann, 
welcher letztmals und schon seit 13 Jahren in Baden und hier 
Karlsruhe) sich an der Grenze des Strafrechts umhertreibend (es 
muß nämlich immer Sorge getragen werden, daß das Anerbicten 
nicht unter den Thatbestand der Erpressung falle) den Besitz derartiger 
Schriftstücke behauptete, dieselben zum Kauf anbot, eventuell ander— 
veite Verwertung, Veröffentlichung androhte, hat bis jetzt weder eine
	        
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