Schiffbruch am Glauben.
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Ungarn im bayerischen Hofe zu Nürnberg vorgenommenen Experimente
thörichte Faseleien seien. . . . Meine Frau, von München aus von
meiner Rückkunft in Kenntnis gesetzt, fuhr mit Hauser bis Eichstädt,
dem Sitze eines Verwandten, des Bischofs Österreicher, mir entgegen.
Bei meiner Ankunft trat Hauser an den Eilwagen und stellte mit
lächelnder Miene an mich die Frage: Nu, Herr Leutnant,
haben Sie meine Eltern entdeckt? Auf meine Antwort:
Du mußt am besten wissen, ob ich sie finden konnte,
schwieg er ohne eine fernere Nachfrage.“
Den 23. Mai erhielt Stanhope Hickels ausführlichen Reise—
bericht. Wie peinlich muß es ihn bewegt haben, als der unabweis—
bare Gedanke an „Betrug“ sich ihm aufdrängte! „Wir glaubten,
schrieb er den 24. Mai an Hickel, durch die Versuche von Pirch, von
Saphir, von Merey und von Manso die Gewißheit zu haben, daß
Hauser in Ungarn gelebt hatte, und Tucher selbst war davon ganz
überzeugt. . . . Was mich am meisten dabei verdrießt, ist, jetzt
einzusehen, daß auf die Erinnerungen von Hauser gar nicht zu
bauen ist.“') Den 22. Juli schrieb Stanhope an Klüber:
„Eine ganz genaue, gründliche Untersuchung hat seitdem be—
wiesen, daß gar nichts an der Sache war. Kcaspar) war als
von einem Schlage getroffen und tief erschüttert, als er den Namen
eines Schlosses hörte und behauptete, es war das Wort, das er so
lange gesucht hatte . . . Wie wäre dieß Alles zu erklären, als durch
Verstellung? und wenn seine Angaben über diese Punkte so grund—
los und seine Empfindungen so erkünstelt waren, wie kann man seinen
übrigen trauen? Die Zweifel, die jetzt dadurch entstehen, haben mich
bewogen, alle die wahren oder angeblichen Thatsachen von neuem zu
überlegen, und je mehr ich sie untersuchte, je bedenklicher erschienen
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) Stanhopes psychologisch interessante Briefe an Hickel sind bei ihm abge—
druckt S. 96 Anm. und S. 113 Anm. über die darin erwähnte greuliche Tage—
ouchgeschichte lese man Stanhope (1835, S. 110- 112), Hickel (1881, S. 99) und
Meyer (1872, S. 421 -425). Hickels entrüstete Antwort auf zweimalige Drohung
mit Selbstmord (wie bei Biberbach) lautete: „Dies kannst du thun, stirb nur,
dann kann man doch auf deinem Grabstein lesen: Hier liegt der Betrüger
Kaspar Hauser.