Objekt: Anselm von Feuerbach, der Jurist, als Philosoph

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Stand der Freiheit gibt, dass wir nichts durch den Staat ver- 
lieren, als die Freiheit, ungestraft zu beleidigen, und dass der 
Staat den Rang der.ehrwürdigsten und heiligsten aller mensch- 
lichen Anstalten vor der Vernunft behauptet‘“1) . . . „Voll. 
endete Menschheit ist des Menschen Ziel. Und nur in den 
Armen der Freiheit, unter der Aegide der bürgerlichen Gesell- 
schaft vermag er’es, sich diesem Ziele zu nähern.‘“?) Feuerbach 
schliesst seine Betrachtung mit folgenden Sätzen über die Be- 
deutung des Staates: „Dass es ihm (dem. Menschen) daher 
möglich ist, nach Glückseligkeit zu streben und des erworbenen 
Glückes zu geniessen, . . . dass er durch freie Erfüllung seiner 
Pflichten immer menschlicher und göttlicher werden kann: das 
hat er dir, du heiliger Bund der Kräfte und des Willens, das 
hat er dir und keinem andern zu verdanken! Redlicher Hobbes, 
hier ergreife ich als Freund deine Hand und, gehe eines Weges 
mit dir !‘3) 
So sehr sich Feuerbach hier an Hobbes anschliesst, ebenso 
stark weicht er in den Folgerungen von ihm ab, die er aus 
jenen Erwägungen zieht: zunächst hinsichtlich der Stellung 
des Regenten. Während nach Hobbes*) die bestehende öffent- 
liche Ordnung allein die rechtmässige ist, während bei ihm 
nur in einem einzigen Fall die Verpflichtung des Untertanen 
zum ‚Gehorsam erlischt, erkennt Feuerbach noch andere Be- 
rechtigungsgründe der Gehorsamsverweigerung an. So sagt 
er>): „Gegen den Regenten, der durch einen öffentlichen Akt 
den Unterwerfungsvertrag verletzt, ist der Untertan zum nega- 
tiven Zwang berechtigt, d.h. der Untertan darf sich gegen 
die durch einen solchen Akt begründete widerrechtliche .Be- 
schränkung der Freiheit durch Gewalt verteidigen.“ Der Grund 
dieses Rechts liegt in der Undenkbarkeit einer Verpflichtung, 
dem Oberherrn auch in ungerechten Verfügungen zu ge- 
horchen.®) „Der positive Zwang (gegen den Regenten) ist un- 
gerecht, weil er nicht geschehen kann, ohne dass sich der 
Untertan selbst zum Regenten macht und diesen in einem 
Geschäft der Regierung sich unterwirft; der negative ist ge- 
recht, weil der Untertan der Ungerechtigkeit nicht zu gehorchen 
braucht.‘ 
1) Antihobbes S. 46. ?) S. 47. °®) 47]48. 
‘) Falckenberg, Geschichte der neueren Philosophie 5, 69. (5. Aufl, 1905, 
5) Antihobbes S, 294/95, ®%) 298/299.
	        
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