202 Zweiter Teil. Die Verwaltungsämter.
er als Nachfolger des ehemaligen Unterrichters die Einhebung gewisser
Gefälle besorgt, die zur finanziellen Ausstattung des alten königlichen
Schultheifsenamtes gehörten, mit dem derzeitigen Stadtrichteramte aber
‘n keinem inneren Zusammenhange mehr stehen. So verrechnet er den
Losungern aufser den von ihm vereinnahmten Gerichtsgebühren das bereits
erwähnte „Grofse Marktrecht“, ferner die vom Dorfe Westheim alljährlich
antrichteten drei Sümmer Korn und die Bäckerwetzung, für die er nach
altem Brauch, wenn auch nicht mehr aus seiner eigenen Tasche, sondern
auf Kosten der Stadt, den an der Rüge beteiligten Bäckern ein Mahl aus-
zurichten hat.
Das Solar, welches ihm vom Rat ausgezahlt wird, beträgt wöchentlich
| G”; also im Jahre 65 % 13 £. Ein Anteil an den von ihm verein-
nahmten Amtsgefällen scheint ihm daneben nicht zugestanden zu haben,
Bis zur Mitte unserer Epoche bekleidet das Amt Ulrich Volland, der in
Jieser Stellung bereits seit 1417 nachweisbar ist und 1435 stirbt. Ihm
folgt Hans Lengenfelder, diesem im Jahre 1438 Andres Imhof, der nach
nur einjähriger Amtsdauer wieder durch Wilhelm Ebner ersetzt wird.
Als letzterer im Januar oder Anfang Februar 1441 stirbt, greift der Rat
vorübergehend auf Andres Imhof zurück, ernennt aber noch im März des-
selben Jahres Andres Stromer zum Stadtrichter. Auch diesem war kein
längeres Verbleiben im Amte beschieden: schon im Jahre darauf hatte er
in Georg Koler seinen Nachfolger gefunden. Die seit 1438 ernannten
Richter gehören, wie ihre Namen anzeigen, Ehrbaren Geschlechtern an.
Der Rat legte also offenbar ‚seit diesem Jahre Wert darauf, dafs das
Richteramt nur noch von Patriziern versehen wurde.
8 2. Das Blutgericht.
Die Aburteilung eines todeswürdigen Verbrechens kann nach dem in
unserer Epoche noch geltenden älteren deutschen Recht?) nur auf die förm-
liche Klage der geschädigten Partei und das Geständnis des Beklagten hin
durch den Spruch von mindestens zwei geschworenen Schöffen und das
Bannwort des vom König belehnten Richters erfolgen. Letzterer stand
dem Rat in‘ der Person des Stadtrichters zur Verfügung. Die gesetzlichen
Urteilsfinder haben wir bereits in den dreizehn, dem Rate angehörenden
Schöffen kennen gelernt, die in einem durch Ratsverlafs bestimmten Turnus
zu je zweien das Amt von Blutschöffen zu versehen hatten. Und was
die Klageerhebung anbetrifft, so übte der Rat bereits seit dem dreizehnten
Jahrhundert das Recht aus, bei jedem todeswürdigen Verbrechen, das
1) Über das Nürnberger Prozefsrecht im besonderen vergl. H. Knapp, Das alte
Nürnberger Kriminalverfahren. 1891.