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Entwicklung des Staupitz selbst erklärt werden kann. Während
Cuther und Staupitz das Erbarmen Christi als die alleinige
Quelle des Heiles bezeichnen und daraus die Unverdienst—⸗
lichkeit der Werke folgern, betont Linck damals ausdrücklich
die Notwendigkeit zweier Dinge: „zum ersten das Leiden
Thristi, zum andern unsere Nachfolgung“ und will unter
dem andern Ding dieses augustinischen Ausspruches die
Verdienstlichkeit der Werke verstanden wissen. Der gelassenere
und nicht mit der Geißel Cuthers kasteiete Mann versenkt
sich einerseits viel zu ausschließlich in den leidenden Christus,
dessen auf alle Menschen sich erstreckende Liebe ihn besonders
der Mystiker Sankt Bernhard gelehrt hat, 9) als daß er
sich die streng systematische Prädestinationstheorie des Staupitz
hätte aneignen können, und empfindet andererseits viel zu
ruhig, als daß er Luthers Rechtfertigungslehre in ihrer
Ausschließlichkeit schlechthin verstand. — Das gemeinsame
Band aber, welches die theologische Anschauung dieser drei
Herzensfreunde in ihrem gleichen Ringen nach der christlichen
Wahrheit umschließt, ist Jesus Christus, das A und das
O ihrer Theologie, der alleinige Weg zu Gott durch ihn.
Und diese alleinige Vetonung der Person Christi ist durch
den grundsätzlichen Gegensatz gegen die im praktischen Leben
in Heiligenverehrung und Jungfrauenkultus und in der
wissenschaftlichen Behandlung in spitzfindige Argumentationen
aufgehende Lebensäußerung der mittelalterlichen Kirche der
evangelische Charakter dieser Männer, der ihre Zeitgenossen
bereits im Anfange ihrer Entwicklung das von ihnen aus—
gehende Licht evangelischer Wahrheit preisen läßt. Denn,
was wir an ersten theologischen Anschauungen bei ihnen
haben festlegen können, gehört doch immerhin schon den
Jahren um 1517 an, und es hat eben der Seit bis zu diesen