fullscreen: Dürers Dresdener Altar

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zeigte, so paradigmatisch. Das kommt, weil er sich hier ganz be- 
sondere Mühe gibt, er will etwas Fabelhaftes leisten. Er ist eigent- 
lich kein Maler, sondern ein Graphiker, seine Gemälde sind, um 
einen diplomatischen Ausdruck zu gebrauchen, Extratouren: dies 
Madonnenbild ebenso wie später die paar großen Altartafeln von 
1506—1511, nach deren Vollendung er ziemlich reumütig zur Graphik 
zurückkehrt. So ist dies Bild auch in der Qualität, in der Durch- 
führung, ganz ungewöhnlich, von größter Anspannung: die Arbeit, 
die darin steckt, steht in keinem Verhältnis zu dem Eindruck auf ober- 
flächliche Beschauer. Dürer versucht es damals, eine neue Kunst 
zu machen. 
Wenn das Mittelstück das wichtigste Gemälde aus Dürers 
Jugendzeit ist, und ein Paradigma für die damalige Richtung 
seiner Kunst, so sind wiederum die Flügel durch ihren Unter- 
schied vom Mittelstück ein förmliches Paradigma für seine weitere 
Entwickelung. Das Herauskommen Dürers aus der Kunst seiner 
Jugendzeit, die oft unfrei war, verstandesmäßiger Überlegung zu 
viel nachgab, Fremdes und Eigenes nicht verschmelzen konnte, 
das Herauskommen in die freie Höhenluft seiner reifen Zeit, wo 
er konnte, was er wollte, wo Einfall und Überlegung, Fremdes 
und Eigenes sich verschmelzen, das kann man kaum an einem 
andern Werke so deutlich sehen: wirklich ein Paradigma! All das, 
was Wölfflin an dem Mittelstück störend empfindet, das empfindet 
auch Dürer als störend und macht es in den Flügeln besser. Nichts 
Lehrreicheres kann es geben für die Wandlung seines künstlerischen 
Empfindens, als das Studium dieser Selbstkorrektur. 
Künstlerischer Wert. 
Der Dresdener Altar ist somit vom allergrößten Wert für die 
Kenntnis Dürers. Dies vom kunsthistorischen, objektiven Stand- 
punkt aus. Ich finde aber, wenn zum Schluß eine Bemerkung 
hierüber gestattet ist, auch vom subjektiven, künstlerischen Stand- 
punkt aus, für einen fein empfindenden Menschen unserer Zeit, der 
nicht kunsthistorische Belehrung, sondern lediglich künstlerischen
	        
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