Volltext: Nürnbergs Bedeutung für die politische und kulturgeschichtliche Entwickelung Deutschlands im 14. und 15. Jahrhundert

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v. Wolzogen „ihn vor langem Hinsterben zu bewahren, er wurde 
erhört. Am Tage vor seinem Scheiden wurde ihm „immer besser, 
immer heiterer“, er verlangte, man solle den Vorhang des Fensters 
öffnen, er wolle die Sonne noch einmal sehen; mit heiterem Blick 
schaute er in den schönen Abendstrahl und die Natur empfing seinen 
Scheidegruß; am neunten früh trat Besinnungslosigkeit ein, die in 
vollkommene Schwäche überging; der Athem fing an zu stocken; 
noch einmal fühlte seine am Bette kniende Frau den Druck seiner 
Hand — es fuhr ein elektrischer Schlag über seine Züge, dann 
sank sein Haupt zurück und die vollkommenste Ruhe verklärte sein 
Antlitz; seine Züge waren die eines sanft Schlafenden . .. In 
der Nacht vom 11. zum 12. Mai wurde Schiller begraben — und 
wunderbar! — wie von den Halbgöttern der Alten die Sage geht, 
daß sie auf einen Berg oder in eine Höhle oder in einen Tempel 
traten und verschwanden: so fand man auch Schillers Gebeine 
nicht mehr, als man sie später vom Jakobsfriedhof in die Fürsten— 
gruft übertragen wollte; — nur dem tiefen, wehyvollen Studium 
des Freundes Göthe gelang es, die wahrscheinlichen Reste zusam— 
men zu finden ... 
Wären wir kindisch genug, im Sinne der Alten mit Halb— 
götterei zu spielen, welch' ein Anlaß wäre hier gegeben, unsern 
Dichter auch zum höheren Wesen, zum Halbgott zu machen; aber 
wir sind weder so frivol, noch so befangen, um Schiller zu etwas 
Anderem zu machen aͤls was er war: zu einem vortrefflichen Men— 
schen! Daß er ganz und durchaus nur Mensch war, daß er seine 
Schwächen hatte und manchem Irrthume verfiel, daß er seine irdi⸗ 
schen Leiden menschlich fühlte rund im Schweiße seines Angesichtes 
sein Brod und seine Ausbildung erwarb — das gerade ist es, 
was den Dichter uns so nahe führt! An ihm sehen wir wieder, 
wie hoch der ewige Gott vom Menschengeschlechte denkt, daß er es 
würdigt, dann und wann solche Männer zu den seinigen zu zählen;
	        
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