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einen Genius niedersteigen, der des Knaben Stirne küsse und
ihm in die Wiege ein Geschenk mitgebe . .. und das Geschenk
ist nichts als die schlichte Gabe des Wortes und das
Wort wird dem Knaben in ein tiefes, herrliches Herz gelegt
und wird gesegnet von dem Wesen aller Wesen und getauft
mit dem Feuer der Liebe; und mit dieser Liebe im Herzen
wächst das Knäblein auf und wird zum Jüngling und wird
zum Manne — und kaum sind vier Jahrzehende vorüber, so
hat die kleine Gabe des Wortes ihre Wunderkraft bewährt und
ihre Wirkung gethan:
hat Trauernde getröstet und Liebende verklärt, hat die
Herzen von Müttern erleuchtet und Künstlern erhabene Wege
gezeigt, hat Verzagende aufgerichtet und Irrende zurecht ge—
wiesen, hat den Bösewicht bestraft und die Tyrannen gerichtet,
hat die Schwachen geschützt und dem Rechte zu seinem Recht
verholfen ...
Das war öS“chiller; so geräuschlos trat er in das Leben,
so unscheinbar wurde er ausgestattet und so tiefgreifend hatte
er schon nach kurzem Dasein dem Leben seine Spuren aufge—
drückt.
Aber so bewundernd wir aus diese Erfolge des Dichters
blicken, so betrübt muß unser Auge auf der Dornenbahn ruhen,
die der erhabene Wanderer zurückzulegen hatte. Bald auf
schmerzlicher Flucht und bald verborgen, bald von Hoffnungen
geschwellt und bald aus allen seinen Himmeln geworfen, fast
bis zu seinem Lebensende von Ort zu Ort getrieben und nir—
gends so glücklich, um recht Fuß zu fassen — der Noth, der
Krankheit ausgesetzt und überdies von Neidern und Verleum—
dern stille und offen befehdet — so sehen wir den Liebling un—
serer Nation, den heute Tausende und Tausende feiern, durch
das Leben wandern, kämpfen und ringen, um endlich viel zu