—
serm Herzen lebendiger tönen als die Worte unsers nächsten
Freundes und Lehrers?
Der sollte ein Opfer des Todes sein können, der selbst
so viel herrliches Leben erzeugte in seinen Werken?
Kaum denn ein Herz nicht mehr schlagen, das der uner—
schöpfliche Quell ewiger Wahrheit gewesen? Kann eine Lippe
verstummen, die der Weisheit gewidmet, ein Auge brechen, in
dessen Glanze sich die Unsterblichkeit spiegelt? *
Wenn Schiller starb — warum sind wir hier, um ihn
als wahrhaft Lebenden zu feiern? Wenn öchiller nicht
mehr ist, wozu wird er in festlichen Räumen heute und mor—
gen im ganzen Vaterlande, ja weit über die Grenzen des Va⸗
terlandes hinaus als Unvergänglicher gefeiert? Wenn Schiller
todt ist mit den Todten, warum preisen wir ihn hier:als
einen Vorhandenen, reden ihn an wie Einen, der wahrhaft
unter uns wandelt?
Nein, Schiller ist nicht todt — er lebt und wird le—
ben: so lange die Wahrheit unvergänglich ist, die er vertrat,
so lange die Schönheit bleibend ist, die er gebildet, so lange die
Treue unsterblich ist, die er verfochten, so lange die Freiheit
ein ewiges Gut ist, die er gepredigt; Schiller lebt und wird
leben, so lange noch ein edleres Menschenherz schlägt und Hoff—
nung und Liebe und Freundschaft und Sehnsucht nach Idealem
als wahrhaft ewige Gaben des Lebens gelten! ...
Man hat gestritten, in welcher Eigenschaft Schiller wahr—
haft groß gewesen: als Philosoph oder als Dichter? Ich—
sage, er war groß in beiden Eigenschaften, weil er groß
war als Mensch und weil Philosophie und Dichtung bei ihm
nur brüderliche Triebe sind aus Einem Mutterstamme: seinem
großen Herzen! Hätte das Schicksal unsern Dichter in be—
deutende Verhältnisse gestellt, hätte es ihn in großen Conflik—