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STEIG
dabei ausbreitet. Die reise des ritters nach der Kronenburg, gleich einer
pflanze, die in ihrem geschlossnen keim schon auf ihre seltenheit deu-
tet, und den betrachtenden leser an ihre allmählige entfaltung fesselt,
treibt empor auf dem üppigsten fleck, Wir steigen mit dem ritter an
dem felsen der Kronenburg hinauf, mit ihm erblicken wir die welt
unter uns; es ist eine höhe, auf die uns der dichter führt, von wel-
cher aus wir ihn selbst in ferne und nähe als aussicht gewinnen; eine
mehrzahl von gedanken liegt wie die mehrzahl der bergspitzen in nebel
und sonnenglut, beschneiet und begrünt, wir erkennen nicht alles, aber
es wird uns unendlich wol in unsrer umgebung. Da wir glauben
durch den anblick einer weiten natur erregt zu werden, sollten wir
es nicht auch durch den anblick eines erschlossenen gemütes, dessen
darstellung uns zwar um so geheimnisreicher umgibt, je wahrer und
begeisterter es sich zeigt? Aber die versicherung, dass das leben weit
reicher ist, als wir es in unsern täglichen beschäftigungen glauben
können, ist doch wol dasselbe was die aussicht auf einer hohen berg-
spitze ist. Es wäre hier noch manches zu sagen; besser weisen wir
zurück auf die worte der einleitung, und statt zu fragen bitten wir:
„bewacht die ruhe seiner arbeit, ehrt die grenzen die er gezogen, und
erkennt das ursprüngliche seiner anschauung!“ Auch der dichter bedarf
der pflege, er bedarf des vaterländischen bodens, dass dieser nicht von
ihm abfalle und seine wurzeln entblösse.
Zweites buch. Wunderbare heilung. Hier tritt eine neue
erscheinung und mit ihr iu vollem lichte die laune des dichters in der
person des maler Sixt hervor, der gleichsam durch sie zu einer komi-
schen aräbeske verflochten, das traurige leben unsers geliebten Bertholds
umgibt. Wir finden ihn wider, das antlitz nach der abendseite gekehrt,
um die letzten strahlen seiner untergehenden sonne noch aufzufangen.
Schmerzliche wehmut durchschneidet ihn bei der erzählung des malers;
die herrliche romanze, wulgemessen in ihrem bau wie der bau, von
dessen gründung sie erzählt, ergreift den kranken um so heftiger mit
ihrem letzten schauder, und wir fürchten mit dem maler, dass es seine
auflösung befördern möge. Dass der baumeister auf eine so seltsame
weise unserm blick entschwindet, befremdet zwar, allein wir vermögen
nicht es zu tadlen. So herrlich er durch die wenigen umrisse erzielt
war, So anschmiegend er durch den abschied von der fürstin für uns
geworden war, so dürfen wir doch nicht wollen, dass er öfter erscheine;
die falten seines verbergenden gewandes liessen zu edle formen durch-
schimmern, als dass er lange mit irdischem verknüpft seyn konnte. Wie
zweideutig seine auflösung auch scheint. wir glauben an seine seligkeit.
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