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zu schaffen. Jede zielbewußte Wohnungspolitik, jeder Versuch, an den traurigen
Wohnungsverhältnissen zu bessern, jede gründliche Reform auf dem Gebiete der
sozialen Hygiene muß mit dem Kampfe gegen das Wohnungselend beginnen; alles
Predigen gegen übermäßigen Wirthshausbesuch, gegen die Gefahren des Alkoholis⸗
mus wird im Winde verhallen, so lange nicht der Minderbemittelte ein angenehmes
Heim hat, in dem er sich gerne aufhält, aus dem er nicht vertrieben wird durch
uͤnwohnlichkeit, Ungemüthlichkeit, durch Feuchte der Wände und sonstige gesund—
heitliche und andere Widrigkeiten. Von welch' ungeheurer Bedeutung gute Wohn⸗
ungen für die Erziehung und körperliche Entwicklung der Jugend sind, braucht
nicht besonders auseinandergesetzt zu werden.
Endlich nach Jahrzehnte langen Diskussionen über die Nothwendigkeit eines
Eingreifens der öffentlichen Gewalten in die Wohnungsverhältnisse, tritt man
dieser Frage mit einigem Ernste entgegen. Alle politischen Parteien und diesem
Zwecke besonders gewidmete Organisationen, wie der Verein Reichswohnungsreform,
diskutiren die Fragen der Wohnungspolitik, der Reichstag und mehrere Landtage
haben diesen Gegenstand erörtert, im Schooße der Regierungen wird erwogen, was
zu geschehen habe, da eine weitere Vertagung der wohnungspolitischen Aufgaben
bei der brennenden Natur derselben nicht weiter angeht. Im Vordergrunde der
Diskussion steht mit Recht die Wohnungsinspektion. Hier ist ein Eingreifen nicht
nur am leichtesten, hier lassen sich, wenn auch nicht gründliche Reformen, so doch
viele Einzelverbesserungen erzielen, man kann bei richtigem Vorgehen und kluger
Voraussicht die allerschlechtesten Wohnungen schließen und die Erfahrungen sammeln
für ein weiteres Vorgehen im Kampfe gegen das Wohnungselend.
Für eine richtige Wohnungsinspektion, die in Bayern demnächst eingeführt
werden soll, ist aber eine Wohnungsstatistik die allerbeste Grundlage, die man
überhaupt nur wünschen kann, hierdurch wird ein Kataster geschaffen, man hat
über den Zustand jeder einzelnen Wohnung an einem bestimmten Zeitpunkte ein
Bild, man kann sich klarmachen, wo ein Eingreifen am dringendsten ist und man
kann auch gelegentlich der Wohnungserhebung die künftig bei der Wohnungs—
inspektion zu verwendenden Personen heranbilden. In Zürich hat man mit großem
Nutzen selbst noch im Jahre 1900 die Ergebnisse der Wohnungserhebung von
1896 zur Grundlage der Thätigkeit der Wohnungsinspektionen gemacht.
Die zahlreichen auderen Gründe, die für die Nothwendigkeit einer Wohnungs—
erhebung in Nürnberg sprechen, sind hier nicht zu erörtern; wir glauben aber,
daß unsere Stichproben den Wunsch und das Bedürfniß einer Erhebung dieser
Art nur bestärken müssen. Mächtige Einflüsse freilich haben gesucht, auch hier
die Aufhellung sozialer Nothstände zu verhindern, die Hausagrarier und deren
Mitinteressenten, die Hypothekengläubiger haben versucht, den Entwurf des städtischen
statistischen Bureaus, das schon die Zustimmung des Magistrats erhalten hat,
abzulehnen, unzweifelhaft im Gegensatze zu der Meinung der überwiegenden
Mehrheit der Nürnberger Bevölkerung, die freilich in den Gemeindekollegien voll—
ständig unvertreten ist.
Beleuchtung und Heizung.
Im engsten Zusammenhange mit der Befriedigung der Wohnungsbedürfnisse
stehen die Ausgaben für Heizung und Beleuchtung, ohne die, zeitweise wenigstens,
die Wohnungen unbenützbar wären. Ohne diese Ausgaben kann unter unseren
klimatischen Verhältnissen der Mensch nicht existiren; das hindert aber freilich
nicht, daß sehr erhebliche Abstufungen in den Ausgaben für diese Zwecke vor—
kommen. Theils mögen diese durch persönliche Verhältnisse, wie bei der Be—
leuchtung z. B. durch regelmäßige oder häufige Abwesenheit in den Abendstunden,