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tonung der Realien und Sprachen die Gewerbschulen ihres ursprüng—
lichen Charakters als Fachschulen entkleidet. Durch die Reor—
ganisation vom 14. Mai 1864 wurden sie in ihren bisherigen 3 Kur—
sen als öffentliche Unterrichtsanstalten erklärt, welche eine ange—
messene allgemeine Bildung und eine theoretische Vorbereitung
zunächst für den Eintritt in das Gewerbe gewähren sollten. In die—
ser Kgl. Allerhöchsten Verordnung war der Gewerbschule zunächst
die Aufgabe einer höhern Bürgerschule im eigentlichen Sinne
zugewiesen, welche dreizehn Jahre später unsern Realschulen in
allerdings erweitertem Lehrgange zufiel.
Die Organisation des Jahres 1864 hat übrigens unsern
Gewerbschulen in ihrer Frequenz großen Eintrag gethan. Die Ab—
solutorialprüfungen, welche den Gewerbschülern die Aufnahme an
eine der drei polytechnischen Schulen Bayerns, eventuell den Be—
such einer Hochschule gewährten und ihnen die Anwartschaft auf
eine Anstellung im Staatsdienste eröffneten, wurden aufgehoben und
die daraus hervorgegangenen Berechtigungen größtenteils an die
neugegründeten Realgymnasien übertragen.
Die Verbindung der landwirtschaftlichen Abteilung mit un—
serer Anstalt dauerte ebenfalls bis zum Jahre 1864; durch Aller—
höchstes Reskript d. d. 7. August wurde dieselbe als selbständige
„Kreis-Landwirtschaftsschule zu Lichtenhof“ erklärt und unter einen
eigenen Rektor gestellt.
Das Schuljahr 1868/69 brachte unserem Studienplan einen
neuen, obligaten Unterrichtsgegenstand — das Turnen, welches seit
dieser Zeit von unsern Schülern in einer vor der Stadt gelegenen,
dem hiesigen Turnvereine gehörigen Halle geübt wird. *)
Die Kgl. Allerhöchste Verordnung vom 1. Oktober 1870
*) Es ist sehr zu beklagen, daß dieser für die Entwicklung der physi—
schen und moralischen Kräfte unserer Jugend so wichtige Unterrichtsgegenstand,
welchen auch die Kgl. Allerhöchste Verordnung vom 19. April 1877 als obli—
gates Fach in den Lehrplan aufgenommen hat, nicht mehr auf alle Klassen
ausgedehnt werden kann. Die weite Entfernung der Halle und die damit in
Verbindung stehenden pädagogischen Bedenken machen den Besuch des Turn—
unterrichtes von Seite der beiden unteren Kurse (200 Schüler im Durchschnitt)
geradezu unmöglich. Leider scheint dieser Übelstand auch für die Folge be—
stehen zu bleiben, nachdem bei dem Neubau des Realschulgebäudes von der
Errichtung einer eigenen Turnhalle Abstand genommen wurde.