in den ersten Jahren eine schwere Spaltung vor sich: die Loslösung der
sozialistisch gesinnten Arbeiter von der bürgerlichen Demokratie. Die NRürn—
berger Arbeiterschaft hatte schon früher die Scheidung zwischen den fort—
schrittlichen und demokratischen Elementen vollzogen. In Rürnbergs
Mauern sollte die Scheidung auch im Verbande der deutschen Arbeiterver—
eine vollzogen werden. Die Nürnberger Arbeiter hatten 18606, nachdem der
Nürnberger Arbeiterverein sich gespalten, den Arbeiterbildungsverein ge—
gründet, der sich zunächst keiner politischen Partei anschloß. Als Bebel
zum Vorstand des Verbandes der deutschen Arbeitervereine gewählt wor—
den war, schloß sich ihm auch der Nürnberger Arbeiterbildungsverein an.
Zweck des Vereins war: Fortbildung der Arbeiter durch Vorträge und
Unterrichtskurse.
Auf den 5. September 18608 wurde der fünfte Vereinstag der deutschen
Arbeitervereine von August Bebel nach Nürnberg einberufen. Die Be—
teiligung war eine außerordentlich starke. Beide Richtungen — die bürger—
lichen Demokraten und die Arbeiter — hatten ihre besten Verteidiger nach
Nürnberg gesandt, auch Delegierte aus dem Auslande waren erfchienen.
Als Vorsitzende wurden Bebel-Leipzig als erster, Löwenstein-Fürth als
zweiter gewählt. Der alte bürgerlich-demokratische Nürnberger Arbeiter—
verein unterlag mit seinem Kandidaten bei der Vorsitzenden-Wahl. Im
reich geschmückten Saale des Nürnberger Vathauses tagte am 6. Sep—
tember die Hauptversammlung, in der der bestens bekannte Vomanschrift-
steller Robert Schweichel über die Frage: Sollen die Arbeiter Politik
treiben? referierte. Vachdem in hitziger Debatte beide Parteien durch
ihre gewandtesten Redner ihre Anschauungen hatten vortragen lassen, wurde
ein Programm mit 60 gegen 46 Stimmen angenommen, das sich für die
politische Betätigung der Arbeiter aussprach und den Anschluß an die Be—
strebungen der Internationalen Arbeiterassoziation vollzog. Die Minderheit
protestierte zwar gegen diesen Beschluß und erklärte, daß sie ihn als für
sich verbindlich nicht anerkenne und sich weitere Schritte vorbehalte, aber
an den Verhandlungen am folgenden Tage beteiligte sie sich nicht mehr, sie
ließ vielmehr durch ihren Sprecher ihren Austritt aus dem Verbande ou—
zeigen.
Der Arbeitertag besprach sodann noch die Altersversorgungskassen und
er beschloß, daß das Unterstützungswesen am besten durch die Gewerks—
genossenschaften (Sewerkschaften) in die Hand genommen werde; beziglich
der Krankenunterstützung empfahl er gute Organisation der Kassen neben
voller Selbstverwaltung, Vereinigung derselben nach Gewerben in Ver—
bänden und Besprechung der Kassennteressen in einem geeigneten Organ.
Hinsichtlich der Wanderunterstützung wurde die Einrichtung von billigen
Herbergen und die Errichtung von Arbeitsnachweisstellen empfohlen. Als
am 7. September die Beratungen beendet wurden, nachdem Bebel wieder
als Vorsitzender gewählt und Leipzig wieder als Vorort bestimmt war,
waren Beschlüsse von einschneidender Wirkung auf die deutsche Arbeiter—
bewegung gefaßt, die vor nunmehr ebenfalls so Jahren in Rürnberg ihre
Selbständigkeit und damit auch fruchtbares Leben eingeimpft erhielt.
Nürnberg ist somit neben Leipzig der bedeutungsvollste Ort für die
deutsche Arbeiterbewegung, die infolge Erstarkens der Industrie in Deutsch⸗