Die allgemeine Arbeiterbewegung in Vürnberg.
ür die Vorgeschichte und Entwicklung der deutschen Arbeiterbeweg—
ung ist NRürnberg von hervorragendster Bedeutung gewesen. Vor der
Sründung des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“ am 22. Mai
18603 in Leipzig durch Ferdinand Lassalle wurden in Nürnberg wichtige
Kongresse und Versammlungen abgehalten, und Beschlüsse, die als die
Srundlage der heutigen deutschen Arbeiterbewegung gelten können, wurden
hier gefaßt. Bereits zum 2. April 1849 war in den „Bamberger Hof“ zu
Rürnberg ein „Allgemeiner Bauerischer Arbeiterkongreß“ einberufen wor—
den, auf dem das Zentralkomitee der in Berlin in den Cagen vom 23. August
bis 3. September 1848 gegründeten „Arbeiterverbrüderung“ (eine große
nationale Verbindung mit den Forderungen: Produktiogenossenschaften
mit staatlicher Unterstützung, allgemeines Wahlrecht zu den Wahien
für Staat und Gemeinden, sostündiger Maximalarbeitstag und Verdot der
Kinderarbeit) durch unseren Setzerkollegen, späteren Baseler Professor
Stephan Born vertreten wurde. Er war einer der klarsten und küchtigsten
Köpfe, die damals agitatorisch auf die deutschen Arbeiter einwirkten und sie
beeinflußten, der in Paris dem Bund der Kommunisten angehört hatte und
bei Ausbruch der deutschen Revolution 1848 nach Berlin geeilt war. Born
wurde zum Präsidenten des Nürnberger Kongresses bestimmt. In seinem
Referat entwarf er ein lebendiges Bild von dem Leidensweg, den die
arbeitenden Klassen zu gehen gezwungen seien, und in großen Zügen zeichnete
er die Bahn, die die Arbeiterschaft beschreiten, und die Aufgaben, die sie
erfüllen müßte. Nach einer allgemeinen Aussprache erklärte sich der Kongreß
einstimmig für die Gewerbefreiheit und faßte seine sehr fortschrittlich ge—
haltenen Beschlüsse in elf Punkten zusammen.
Als der stärkste reaktionäre Druck in Deutschland im Anfang der 6oer
Jahre etwas nachließ und die Bourgeoisie die ihrer Wirtschaftspolitik
hindernd im Wege stehenden Schranken zu beseitigen begann, hielt auch die
Arbeiterbewegung die Zeit für gekommen, wieder agitatorisch zu wirken
und ihren Ideen weitere Verbreitung im Volke zu verschaffen. Es ist natür—
lich, daß sich auch im Bauernlande zu dieser Seit ein regeres politisches
Ldeben bemerkbar machte. Der Rürnberger Arbeiterverein erließ im
Sommer 1862 einen Aufruf zu einem „Allgemeinen Deutschen Arbeitertag“,
der zum J. Vovember ins „Café Voris“ nach Vürnberg einberufen wurde.
Die Cagesordnung umfaßte folgende Punkte: J. Gewerbefreiheit;
2. Schaffung einer Arbeiterversorgungskasse; 3. Beratung über die Frage:
Welches ist die Aufgabe der Arbeiter den bestehenden Verhältnissen gegen—
über? Die bauerische Vegierung verhinderte aber die Abhaltung eines
deutschen Arbeiterkongresses durch eine eigenartige engherzige Auslegung
des Vereinsgesetzes, indem sie den Arbeiterverein einfach für politisch er—
klärte. Dadurch konnte kein Vedner auftreten, der nicht die bauerische
Staatsangehörigkeit besaß. Man sah sich dadurch gezwungen. einen rein
bauerischen Kongreß abzuhalten.
In dem am 23. Mai 1863 in Leipzig gegründeten Verband der deut—
schen Arbeitervereine, dessen Präsident Ferdinand Lassalle war, ging schon