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besser oder böser? Also in den Künsten. Der Mensch van guter
frummer Natur würd gebessert durch viel Künst. Dann sie geben
zu erkennen das Gut aus dem Bösen. Dorum halt ich für gut,
daß einer sein selbs Acht hab, warzu er am ageschicktesten sei— daß
zer dasselb untersteh zu lernen.
Etwas zu sagen, das kein Schaden bringt und das Besser nit
verhindert, dem mag man zuhorn. Dorum wer do will, der hör
und sech, was ich mach. Dann die Begierd der Menschen mag
aller zeitlichen Ding durch Überfluß also fast gesättigt werden, daß
man ihr urdrütz würd, allein ausgenummen viel zu wissen, des
würd niemands verdrüssen. Dann es ist uns van Natur ein—
zegossen, daß wir geren viel weßten, dordurch zu bekennen ein
rechte Wahrheit aller Ding. Aber unser blöd Gemüt kann zu so—
icher Vollkummenheit aller Wahrheit, Uunst und Weisheit nit
enmmen. Doch sind wir nit gar ausgeschlossen van aller Weisheit.
Wöll wir durch Lernung unser Vernunft schärpfen und uns dorin
üben, so mügen wir wol etliche Wahrheit durch recht Weg suchen,
lernen erlangen, erkennen und darzu kummen. Wir wissen, daß
ihr viel mancherlei Künst erfahren und ihr Wahrheit angezeigt
20 haben, das uns zu gut kummt.
Etlich Menschen mügen van allerlei Künsten lernen, aber
das hat nit ein idlicher)y. Doch ist kein vernünftig Mensch so
grob, er mag etwan ein Ding lernen, dorzu ihn sein Gmüt
am höhsten trägt. Deshalb etwas zu lernen ist niemand
e5 entschuldigt. Dann es ist not zu gemeinem Nutz, daß wir
lernen und das getrenlich unseren Nachkummen mittheilen und
nit verbergen. Auf sölchs hab ich mir fürgenummen, etwas zu
beschreiben, das etlichen nit unbegierlich würd sein zu sehen.
Dann der alleredelst Sinn der Menschen ist Sehen. Do—
zo rum ein idlich Ding, das do gesehen würd, ist uns glaub—
licher und beständiger weder die Ding, die wir hören.
So aber gehört und gesehen würd, ist das dest kräftiger.
Unser Gesicht ist geleichformig eim Spiegel. Dann es faßt allerlei
Gestalt, die man ihm fürträgt. Aber aus Natur ist unserem Ge⸗
zs sicht ein Gestalt und Bildnuß viel angenehmer, lieblicher dann die
ander. Dorum sicht oft ein Mensch geren das ander, und je
schöner, je mehr Freud dir das gibt. Solichs Urteil der schön
J
NRdas ist nicht jedem beschieden