Volltext: Albrecht Dürers schriftliches Vermächtnis

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besser oder böser? Also in den Künsten. Der Mensch van guter 
frummer Natur würd gebessert durch viel Künst. Dann sie geben 
zu erkennen das Gut aus dem Bösen. Dorum halt ich für gut, 
daß einer sein selbs Acht hab, warzu er am ageschicktesten sei— daß 
zer dasselb untersteh zu lernen. 
Etwas zu sagen, das kein Schaden bringt und das Besser nit 
verhindert, dem mag man zuhorn. Dorum wer do will, der hör 
und sech, was ich mach. Dann die Begierd der Menschen mag 
aller zeitlichen Ding durch Überfluß also fast gesättigt werden, daß 
man ihr urdrütz würd, allein ausgenummen viel zu wissen, des 
würd niemands verdrüssen. Dann es ist uns van Natur ein— 
zegossen, daß wir geren viel weßten, dordurch zu bekennen ein 
rechte Wahrheit aller Ding. Aber unser blöd Gemüt kann zu so— 
icher Vollkummenheit aller Wahrheit, Uunst und Weisheit nit 
enmmen. Doch sind wir nit gar ausgeschlossen van aller Weisheit. 
Wöll wir durch Lernung unser Vernunft schärpfen und uns dorin 
üben, so mügen wir wol etliche Wahrheit durch recht Weg suchen, 
lernen erlangen, erkennen und darzu kummen. Wir wissen, daß 
ihr viel mancherlei Künst erfahren und ihr Wahrheit angezeigt 
20 haben, das uns zu gut kummt. 
Etlich Menschen mügen van allerlei Künsten lernen, aber 
das hat nit ein idlicher)y. Doch ist kein vernünftig Mensch so 
grob, er mag etwan ein Ding lernen, dorzu ihn sein Gmüt 
am höhsten trägt. Deshalb etwas zu lernen ist niemand 
e5 entschuldigt. Dann es ist not zu gemeinem Nutz, daß wir 
lernen und das getrenlich unseren Nachkummen mittheilen und 
nit verbergen. Auf sölchs hab ich mir fürgenummen, etwas zu 
beschreiben, das etlichen nit unbegierlich würd sein zu sehen. 
Dann der alleredelst Sinn der Menschen ist Sehen. Do— 
zo rum ein idlich Ding, das do gesehen würd, ist uns glaub— 
licher und beständiger weder die Ding, die wir hören. 
So aber gehört und gesehen würd, ist das dest kräftiger. 
Unser Gesicht ist geleichformig eim Spiegel. Dann es faßt allerlei 
Gestalt, die man ihm fürträgt. Aber aus Natur ist unserem Ge⸗ 
zs sicht ein Gestalt und Bildnuß viel angenehmer, lieblicher dann die 
ander. Dorum sicht oft ein Mensch geren das ander, und je 
schöner, je mehr Freud dir das gibt. Solichs Urteil der schön 
J 
NRdas ist nicht jedem beschieden
	        
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