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kämpfer gefunden, auch Wernicke war von dem Hauche des neuen
französischen Klassizismus durchdrungen und in geistreicher Weise
wußte er in seinen „Überschriften“, die zuerst 1697 erschienen,
einen epigrammatischen Feldzug zu eröffnen. Zuerst im Jahre 1701
erschien in Altona sein „Heldengedicht Hans Sachs“.1! In Alexan-
drinern wird hier geschildert, wie Hans Sachs auf die Nachfolge in
seinem Reiche bedacht ist und Stelpo (Postel) für den Würdigsten
befindet. Dieser wird als das Urbild der Dummheit hingestellt,
Schoch, Zeidler, Zesen und Titz seien gegen ihn „nur arme Sünder“,
er aber sei „Patriarch von der Pritschmeisterey“, seine Opern
würden nur durch den Komponisten und die Sängerinnen genießbar.
Sachs umarmt dann seinen Sohn. Es wird der Ort, wo die Krönung
stattfinden soll, geschildert, der vielberühmte Gänsemarkt in Ham-
burg, dabei wird auf das Nebeneinander eines Arbeitshauses und
Theaters hingewiesen, Hofmannswaldau, Lohenstein und Gryphius
erhalten einen Hieb. Das Theater war von Hans Sachs als Ort für
die Krönungsfeierlichkeit ausersehen worden. Fama hatte die Nach-
richt davon bereits der ganzen Stadt verkündet und nun strömen
vom „Dreckwall“ und „Mistberg“ die Leute auf den Gänsemarkt.
Der Platz war mit lauter Blättern aus Poeten belegt, betrogene
Drucker bildeten die Leibwache. Stelpo besteigt den Thron und
schwört:
„In stetem Krieg und Kampf zeit seines gantzen Lebens
QA9o mit der reinen Sprach’ als der Vernunfft zu stehn.“
Er wird dann vom König mit Pech und Talg gesalbt. Ein
Kranz von Blumen, „derer Köpf’ ein Römer einst abfetzet“, wird
ihm aufs Haupt gedrückt, zwölf Eulen fliegen bedeutungsvoll vor
ihm auf. Hans Sachs spricht entzückt einen Segen über Stelpo,
seine Herrschaft solle sich „von Schweitzerland biß in Schwaben
erstrecken“, Das Volk sagt dazu „Amen“. Es folgen nun noch eine
Menge weise Lehren, die alle satirisch verblümt Stelpos Dichterei
yeißeln. Eine Anspielung auf Postels Sonett fehlt nicht. Kaum hat
Hans Sachs geendet, so versinkt er auf einem Fallhbrett.
1 Nach Fulda im 39. Bd. von Kürschners. National- Literatur.
Goedeke (Grundr. 32%, 340) nennt als erste Ausgabe die zu Hamburg 1702
erschienene. Ich benutzte die Ausgabe vom Jahre 1704, die zusammen mit
Schäferredichten und Überschriften erschien.