so gewaltigen Aufschwung nahm, da konnten die alten
Gemälde den von dem geläuterten Geschmack jener
Zeit berührten, kunstsinnigen Herren des Rates nicht
länger mehr genügen, und kein Geringerer als der
gröfste Meister. seiner Zeit, Albrecht Dürer, ward dazu
ausersehen, die Entwürfe zu den Gemälden für den
grofsen Rathaussaal herzustellen. Er selbst hat sie
übrigens nicht ausgeführt, sondern es wurden nach
erfolgter Erneuerung des grofsen Saales eine Reihe
von Malern, darunter Jörg Penz und wohl auch Barthel
und Hans Sebald Beham, als seine berufensten Schüler,
mit dieser grofsen Aufgabe betraut.
Es sind zwei grofse und eine kleinere Darstellung,
welche die 80 Fufs lange nördliche Wand des Saales
ausfüllen: die Gerichtsscene, der Triumphzug
Kaiser Maximilians und dazwischen über der
oberen Saalthüre der Pfeiferstuhl.
Den Raum zwischen der Westwand und dem
Bronzegitter, das bis zum Jahre 1806 den westlichen
Teil des Saales abschlofs, nimmt die Darstellung des
ungerechten Gerichtes ein. Zu dem Raume steht
sie in der innigsten Beziehung, denn hier war der Ort,
wo das Stadtgericht seine Sitzungen abhielt. Das
Gemälde aber sollte, wie die früheren, die den Saal
schmückten, die Richter zur strengen Ausübung ihres
Amtes anspornen und von ungerechtem Urteil ab-
schrecken, Dürers Entwurf zu diesem Gemälde war
auf eine Anregung des ihm befreundeten feinsinnigen
Humanisten und Ratsherrn Wilibald Pirkheimer ent-
standen, welcher die Idee dem Bericht Lucians über ein
Gemälde des Apelles entlehnte. Auf einem Throne
sitzt der Richter, dessen Qualitäten schon durch die
langen Midasohren gekennzeichnet sind. Links vom Thron
der lateinische Satz: Nemo unquam sententiam ferat,
priusquam cuncta ad amussim perpenderit, der auf der
anderen Seite in freier Übersetzung wiedergegeben ist:
Der Richter soll kein Urteil geben, |
Er soll die Sach’ erforschen eben.