Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

In 
ürchterlihem Weinen, daß einige Soldaten ihr zwei Schweine geftohlen hät- 
‘en; id ging fofort Hinunter; die Sache war richtig: zwei Stück Ddiefer merk 
mürdig nüßlidhen Thiere wurden zur Schlachtbank gefchleppt, aber auf Batail- 
(onSbefehl. 
„Mais, Madame, on vous donnera une quittance, pourquoi tant de 
bruit pour deux cochons ?“ 
In Thränen aufgelöft, lief fie nach ihren Schüßlingen; doch maren die: 
jelben ihHrem Untergange nahe und die Frau mußte geduldig ihren Schmerz 
hinunter Hlucen, mie wir das Fleilch der Hingerichteten. 
X muß hier no eines komifchen Borfals erwähnen. 
Die Leute im Haufe {ftellten un8 vor, daß ihre Lebensmittel auf Die 
Neige gingen und obgleid) die Soldaten Alles bezahlen wollten, fo feien fie 
doch nicht im Stande, von dem Wenigen, was fie Hätten, abzugeben, da die 
Herbeifchaffung neuer Mittel durch Die militärijche Bewadhung der Straßen 
ehr erfhmwert märe. Der Syund leuchtete uns ein und wir verboten daher 
den Soldaten, ferner in der Küche etwas zu {uchen, Der Veberreft eines 
Räfjelaibes war jedoch zu verlocend für einen Vorübergehenden und in feine 
{infe Seite greifend, z0g er einen bayeriihen Secdhier heraus und verlangte um 
denfelben „an Naes“. 
„Qu'est-ce que vous voulez, Monsieur?“ „Um an Sechjer an Kaes 
mil 1!“ 
Bei diefen Sabre trat ih in die Küche und der Soldat, das Verbot 
mohl Fennend, ftecte fofort jein Geld wieder ein, wandte ih zum Sehen, der 
rau fürchterlihe Blicde zuwerfend und rief nod) mit ziemlich lauter Stimme 
derfelben zu: „So fangt kan Rrdig 0’, wenner nit deitfdh) könnt’! — 
Abends fuhr ih no nad) Nancy, um verfchiedene Saden für mid, 
meine Rameraden und für die Kompagnie einzukaufen, mas jedoch bedeutend 
dadurch erfhwert war, da Die fürchterlidhe Truppenmafie fajt fhon alle 
Yäden ausgefauft Hatte. Auf dem Stanislausplase traf ih einige Bekannte, 
‘ranf in Der dortigen Brauerei verjchiedene Sla8 Bier und fuhr, beladen 
mit dem Wenigen, dejfen ih) habhaft werden fonnte, mieder Hein, ohne wei: 
teres MAMbenteuer. 
18. Auguft. 
Wir waren am Heutigen Tage der Uhlanen - Brigade zugetheilt, die bei 
Sondreville lag, auf das wir Früh 4 Uhr Tosmaricdhirten. Bon SGondreville 
au8, in welchem Orte bereits Wägen für allenfalljige Berwundete requirirt wur: 
bet, verließen wir die Straße und gingen quer über Felder, über den füdwelt- 
fi von Toul gelegenen Höhenzug, der, ein Plateau bildend, gegen die Miofel 
ziemlich fOroff abfällt. Wir maren auf demfelben bereits fo nahe au Toul, 
daß der Kathedrale SHönheiten mit bewaffnetem Auge recht gut genoffen wer: 
den Fonnten. Die dichte Bemaldung, die fHınalen Waldwege, die nur den 
MarfdHh in Rotten gejtatten, machten manche Vorfichtamapregel nothmwendig und 
war während des Vorbeimarfhes des Bataillons an lichteren Walditellen immer 
eine Abtheilung in Plänklerlinie vorgefjdhoben. 
Ein alter Mann, der, vielleidt auf feine grauen Haare pochend oder durch 
Neugierde getrieben un entgegenfan, wurde vorläufig fejtgenommen und erft 
am audern Mofelujer wieder freigegeben, 
Die Hibe war geradezu fHauderhaft; dazu kam noch, daß wir Heute 
nicht, wie gewöhnlidh, den Segen der gut gebauten franzöfifdhen Straßen ge-
	        
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