Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

Wo? diejer Sonntagsjägerei, blieben wir natürlich am Plage und kamen in 
Solge Ddefjen erft [pät wieder auf umferm Bivouakplas an. 
Eine Mafjje Wirthe und Marketender waren nachgefahren , von Hıilfsver- 
einen murde an mandhen Stellen aratis abgegeben, bis auf Bier war noch 
Alles zu erlangen. 
Die Menage wurde durch Beimifchung von FleildH-Eytrakt auf die hHöchfte 
Döhe der Civilifation gebracht und Pfälzer „Troppen“ dazu eingenommen. 
ES mar hier die ganze 3, Divikion vereinigt, hinter 1n8 Fampirte auch noch 
die Uhlanen- Brigade. 
Die zunächjt Kegenden Dörfer fühlten, ob der vielen Soldaten, bald eiten 
großen Neberfluß an NahHrungsmittelnmangel und wenn au für den heutigen 
Tag das Vorhandene Hinlänglich reichte, jo ftand das Proviantichikjal des fol: 
genden Tage8 in einem noch fehr zweidentigen Licht. 
Das Leben im Bivouak ift zwar jehr malerifch und beivegt, wird aber, 
wenn eS (änger dauert, langweilig und ih Hatte alle meine Kräfte aufzubie: 
’en, um den Nachmittag in Ehren todtzufchlagen. 
Mein Bedienter faß mit ajdermittwochgräulidhem Seficht auf feinen Tor: 
nifter, als hätte er Marius auf den Trümmern Karthagos vorzuftellen, fo düfter, 
alS {prä er mit fih felber: 
Wie anders doch mar dir’8, 
AS du noch in Nürnberg 
Gegenüber zum Wirth ainaft ; 
Braunes Bier tranfkft, bis 
Halb der Zapfenfireich, 
Yalb der Affe im Kopf 
Dim mwieber heimtrieb. 
O dies irae, dies illa etc. Und doch febte ich meine Hoffnung auf etivas 
Kommendes, das noch in den undeftimmtejten Formen vor mir gaufelte. Und 
fonnte id) diefe Hoffnung nur für einen Schatten nehmen? Nein, — denn auf 
der Straße kam ein Schubkarren mit Bejpannung, nebenher fhritt „wie ein 
Sebild aus Himmelshöh'n“ des Brauers Tochter von Edesheim und auf dem 
Schubfarren lag ein Fäßlein Bier, 
„Und nu (hön’ Gruß und da {dhHickt der Vater a Fäßhle Bier und da ilt 
noch Brod und Eier und Schinken und wenn Sie’8 erlaube, bring ih morge 
in der Früh un guten Kaffee.“ 
DO, du grundgitiges Clementarereignik! Erlauben, — bring du nur auch 
den Kaffee, ich Fihle mich nicht beleidigt, gar nicht. Des Mädchens That 
war wirklich Heroifh. Mit einem gefüllten Faß durch eine zum größten Theil 
durftige Armee: Divifion zu marjdhiren, {ft mahrlich eine That. 
Das Fäßchen mußte jedoch wieder zurück, ergo der Inhalt vertilgt werden. 
Unter vielen Grmahnungen, den Kaffee recht bald zu bringen, da wir jedenfalls 
aud) bald abmarfchiren, begleitete id die Spenderin fo lange, als ich mein 
Bataillon in Sicht behalten Fonnte und fehrte dann zufrieden mit meinen mo: 
alien Errungenfhaften auf meinen Plag zurück. 
MÜbends murde eine fogen. Hütte gebaut, um dem etiva fih erfchließenden 
Yimmel einen Hemmidhuh entgegen zu feben. 
Der Regen ftellte fich auch ein. Für die 1. Biertelftunde erwies fi die 
Dütte als foldje; als aber der Regen nicht nachließ, fiterte das Wafjer durch 
das Strohdach und wir bekamen der Tropfen zwar nicht jo viele, aber dafür 
um fo größere, und als wir bis auf die Haut naß waren, blühte uns nur 
noch der Troift; Möller kann man nit mehr werden.
	        
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