Verlag von Friedberg & Mode in Berlin SW., Anhaltstrasse 8.
Parzival von Wolfram von Eschenbach *) in neuer Übertragung für alle
Freunde deutscher Dichtung erläutert von Dr. Gotth. Bötticher.
9, verb. Aufl. XII und 410 8. 8° br. M. 3,—, eleg. geb. M. 4,—.
*) Eine neue Parzivalübersetzung. Von allen Erzeugnissen der höfischen
Poesie des Mittelalters ist unstreitig Wolfram von Eschenbachs „Parzival“
das bedeutendste, und sein Dichter steht an sittlichem Ernst, Tiefe der Ge-
danken und Kraft der Phantasie weit über den anderen Sängern seiner Zeit
__ Walter von der Vogelweide allein ist ihm darin ebenbürtig. Während
aber dieser wenigstens durch einige Lieder auch weiteren Kreisen des
lesenden Publikums bekannt ist, auch seinen Weg in die meisten Antholo-
gieen gefunden hat, ist Wolframs gröfstes Werk, der „Parzival“, nicht in
weitere Kreise gedrungen und führt nur ein Scheinleben in den Litteratur-
geschichtsbüchern. Woher kommt das, da diese durchaus seines Lobes voll
sind und ihn nicht genug rühmen können? Einmal ist es nicht jedermanns
Sache, sich durch ein Epos von 95000 Versen hindurchzulesen; aber selbst
wenn ein Leser die Übertragungen von Simrock und San Marte in die Hand
nähme, er würde sie bald entmutigt weglegen: jener redet eine Sprache, die
nur dem verständlich ist, der das Mittelhochdeutsche beherrscht, dieser zieht
dem mittelalterlichen Gedicht ein so modernes Gewand an, dafs es sich
stellenweise wie eine Parodie liest, und das verdient der Parzival ge-
wills nicht.
Wir freuen uns nun, dem Leser eine neue Ausgabe empfehlen zu können,
Zie dem herrlichen Epos sicher eine grofse Anzahl neuer Freunde gewinnen
wird, da sie in jeder Beziehung geeignet ist, das Verständnis dafür zu
wecken und zu nähren. In klarer und gewählter Ausdrucksweise jedem
Gebildeten leicht verständlich, führt Gotthold Bötticher uns ein in Wolframs
Leben, belehrt uns über seine Werke und dichterische Persönlichkeit, ins-
besondere dann über den Parzival, so dafs jeder Leser wohl ausgerüstet sich
an die Lektüre des Epos selbst machen kann, das in reimlosen Jamben und
Trochäüen wiedergegeben ist. Dafs Bötticher auf den Reim verzichtet hat,
scheint vollkommen gerechtfertigt; denn was im Mittelhochdeutschen noch
voll klingt, das hat in unserer modernen Sprache den Klang verloren, und
wir verzichten gern auf den Reim dieser kurzen Verszeilen, der mit seinem
Geklapper den Leser und noch vielmehr den Hörer nur ermüdet. Ferner
hat Bötticher mit feinem Verständnis und sicherm Takt gekürzt, wo es
nötig war; der Inhalt der weggelassenen Abschnitte — z. B. die ganze Ga-
wangeschichte — ist aber kurz angegeben, so dafs der Faden der Erzählung
rnhig weiterläuft, ein Verfahren, das wir im Interesse der Dichtung und des
Lesers nur billigen können. Endlich ist noch Gelegenheit geboten, in den
beigefügten Exkursen, die kurz und knapp die Resultate der Forschungen
Böttichers und seiner Vorgänger geben, sich über die sittlichen Ideen der
Zeit, über Treue, Keuschheit, Ehre, Minne und Liebe, Zucht und
Mals zu unterrichten, ferner über das Rittertum und seine Eigentümlich-
keiten, das höfische Leben und seine Gewohnheiten, sich Belehrung zu holen.
Die Stammtafel Parzivals, sowie eine Probe des Originaltextes
ist beigefügt, und ein sorgfältig gearbeitetes Register erleichtert das Auf-
finden einzelner Stellen.
30 tritt der „Parzival“ in seinem neuen Gewande dem Nibelungen-
Jied von L. Freytag durchaus ebenbürtig an die Seite, und wir können
ihn allen Freunden vaterländischer Dichtung aufs wärmste empfehlen. Ganz
besonders aber steht zu hoffen, dafs er, dessen sittlicher Ernst und edle
Lebensauffassung mit vollem Recht stets hoch gepriesen worden ist, dem
Verständnis näher gerückt, für das heranwachsende Geschlecht eine Quelle
reinen Genusses werden und im Hause wie in der Schule, bei Jünglingen
und Jungfrauen ein lieber Gast sein möge. — Die Ausstattung des Buches
ist gut, besonders Druck und Papier, so dals es sich auch nach dieser Rich-
tung bei dem billigen Preise wohl empfiehlt.
Dr. D. Coste. (Daheim)
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