Objekt: Alter und Neuer SchreibCalender mit dem Stand/ Lauff und Aspecten/ Sonnen/ Monds unnd der andern Planeten/ auch den gemeinen Astrologischen erwehlungen/ Auff daß Jahr Christi. MDCXII

66 
genommen werden, kann mithin ganz zwanglos nur für die Dia- 
lektik in Betracht kommen. ! 
Die dritte der freien Künste, die Rhetori k, hat im Laufe 
der Jahrhunderte eine Wandlung durchgemacht. Das Wesen der 
antiken Rhetoren war ja dem Mittelalter fremd. Den mit dem 
Schema der 7 Künste aus der Antike übernommenen Begriff der 
Rhetorik suchte man daher schon frühzeitig mit anderem Inhalte 
zu füllen, der dem mittelalterlichen Menschen verständlicher war. 
Da es nun doch um der Einheit des Systems willen recht wün- 
schenswert war, ein so wichtiges Gebiet wie die Jurisprudenz in 
die sieben freien Künste einzugliedern, so finden wir schon bei 
dem Vater der ınittelalterlichen Scholastik, bei Isidor von Sevilla, 
die Rhetorik in erster Linie als Lehrerin des Rechtes erklärt. 
Alkuin und Rhabanus Maurus ‚setzen dann die Rechtskunde ohne 
weiteres in das Trivium mit ein, Karl der Grosse wünscht die 
Rhetorik nur zu erlernen wegen ihrer Bedeutung für die „quaes- 
tiones civiles“, Hibernicus exul, der Dichter aus karolingischer 
Zeit, besingt die Rethorik als Lehrerin des „jus civile“ und rechts- 
kundige Geistliche heissen im Mittelalter geradezu „Rhetores“, ? 
Darum führt auch die Gestalt der Rhetorik auf dem Relief am 
Campanile des Florentiner Domes Schwert und Schild, auf dem 
sog. „Kartenspiel des Mantegna“ Schwert und Helm. 
Zu Dürers Zeit hatte sich die Jurisprudenz, wie wir oben sahen, 
schon aus dem allgemeinen Verbande der der Philosophie unterstellten 
Künste gelöst. So gut aber die Medizin von Dürer hier mit aufgenom- 
men ist, wie wir nachher sehen werden, und zwar ganz schlicht mitten 
unter den mechanischen Künsten, so gut wird auch die Jurispru- 
1 Nicht unerwähnt will ich für alle Fälle lassen, dass hie und da 
der Hund als Begleittier der Dialektik auftritt. Auf dem Rundbild 
der sieben freien Künste im Hortus deliciarum der Herrad von Lands- 
perg (S. 53) trägt die Dialektik einen Hundekopf in der Hand, und 
die Umschrift besagt: «Argumenta sino concurrere more canino». Selbst 
im 15. Jahrhundert fand Ich noch ein Beispiel, «im Spiegel des mensch- 
lichen Lebens» (Augsburger deutsche Ausgabe von 1479, Cap. 34), wo 
ein Hund vor dem Vertreter der Dialektik liegt. Für einen Künstler 
wie Dürer passt aber diese mittelalterliche Symbolik nicht mehr. Der 
grosse Hund, der zu Füssen der Melancholie schlummert, ist der Ver- 
treter der 5, mechanischen Kunst, der Jagd. Vgl. weiter unten. 
? Vgl. Gabriel Meyer, die 7 elen Künste im Mittelalter, 
Jahresbericht der Lehranstalt zu Einsiedeln 1886 und 1887, S. 8 und 
9 Anm. ı und 6, Baumgartena. a. 0.58. 29 und Anm, 17 und 44.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.