372
Vergegenwärtigen wir uns die verschiedenen Vorgänge, welche auf die
bakterielle Selbstreinigung bezogen worden sind, so lässt sich ja nicht leugnen,
dass je nach den obwaltenden Verhältnissen der eine oder andere in Wirk-
samkeit tritt, jedoch zur Erklärung der Thatsache des Verschwindens der
Bakterien reichen sie auch in ihrer Gesammtwirkung nicht immer aus. Bei
jeder bakteriellen Flussverunreinigung, sei es dass dieselbe durch die Ab-
wässer menschlicher Ansiedelungen oder durch den Zutritt fäulnissfähiger
Flüssigkeiten bewirkt wird, sehen wir stets eine Abnahme der Keime im
Flusswasser, deren Grösse in einem relativen Verhältniss zu der Entfernung
des Verunreinigungspunktes steht. Betrachten wir die Bakterien, welche unsere
Flüsse verunreinigen näher, so finden wir, dass es vorwiegend Fäulnissbakterien
and Bewohner des menschlichen und thierischen Darmkanals sind. Dies führt
zu der Erwägung, ob hier nicht die Art eine Rolle spielt. Durch biologische
Studien sind diese beiden Arten gegenüber den Wasserbakterien, den eigent-
lichen Bewohnern des Wassers wohl charakterisirt. Ich brauche auf die
Entwicklungsbedingungen der Fäulnisserreger und bakteriellen Darmbewohner
nicht näher einzugehen, ich darf die Annahme als zutreffend hinstellen, dass
die Verhältnisse, welchen dieselben bei der Veberführung in das Flusswasser
vegegnen, wesentlich andere sind. Für beide ändert sich die Konsistenz des
Nährmaterials und für letztere kommt die Temperatur in Betracht, welche
wesentlich niedriger wird. Es mögen hier noch eine Reihe anderer Umstände
mitspielen, deren Ermittlung dem experimentellen Studium vorbehalten ist.
Jedenfalls müssen wir dieses Moment zur Erklärung der bakteriellen Selbst-
reinigung mit heranziehen, dessen Wirkung neben der des Lichtes wohl die
Jedeutsamste ist.