y
wonnen. Nach Nürnberg heimgekehrt, traf er hier mit mehreren
Männern zusammen, welche den gleichen Anschauungen huldigten.
bei den Griechen und Römern die Ideale geistiger Lebenskraft ver-
körpert sahen und das poetische Rüstzeug ihnen gern entlehnten.
Wilibald Pirkheimer, welcher in den gleichen Jahren wie Dürer in
Italien sich aufgehalten hatte, Konrad Celtes, der gekrönte Dichter,
der altertumskundige Hartmann Schedel, um nur die besten zu
nennen, wurden seine Freunde. Als um die Wende des Jahrhunderts
Jacopo de’ Barbari nach Nürnberg übersiedelte, gewannen diese
Neigungen auch von künstlerischer Seite einen stärkeren Antrieb
So schen wir denn Dürer in dem ersten Jahrzehnt seines selb-
ständigen Wirkens häufig im Dienste des Humanismus. Da er
die Gestalten der antiken Sage nicht in die Formen der antiken
Kunst hüllt, so erscheinen sie uns häufig unverständlich. Märchen-
schein umweht sie, einer unbestimmten, halb gegenwärtigen, halb
ersonnenen Welt gehören sie an. Trachtentreue kümmert den
Künstler nicht, aber auch die ihm auf weiten Umwegen zugetragenen
Gegenstände der Darstellung erinnern mehr an die Erzählungen der
Chronisten und an Schwankbücher, als an die Dichtungen des klas-
sischen Altertums. Kein Wunder, dass wir in der Deutung dieser
Stiche irren und dem mythischen Ereignisse lieber einen moralischen
Sinn unterlegen. So wurde z. B. eines der grössten und schönsten
Blätter aus Dürers Frühzeit (B. 73) als Hahnrei oder die Eifersucht
getauft. Unter einer Baumgruppe hat sich ein Satyr mit einer
Nymphe zu süssem Liebesgetändel niedergelassen. Sie werden aber
von einer Frau überrascht, welche einen Knüttel schwingt, um das
ehebrecherische Paar zu züchtigen. Zum Glück, dass cin nackter,
mit seltsamem Kopfschmuck ausgerüsteter Mann ihr einen Baum-
stamm vorhält und so ihren Zorn dämpft. Ein kleiner Amorknabe.
welchem bei dieser Szene unheimlich wurde, sucht eiligst das Weite.
Ganz gewiss dachte Dürer nicht daran, ein moralisches Beispiel zu
zeichnen. Er hatte ohne Zweifel ein bestimmtes mythologisches
Ereignis im Sinne, nur nicht Herkules und Deianira, da er unmöglich
den beleidigten Gatten zum Beschützer des ehebrecherischen Paares
stempeln konnte. Wären wir fähig, mit den Augen des sechzehnten
Jahrhunderts die alte Götter- und Heldengeschichte zu lesen und
den Kern der Erzählung von dem naiven Aufputze, welchen das
spätere Mittelalter hinzufügt, zu befreien, so würden wir, wie Jüngst
in ansprechender Weise vermutet wurde, hier irgend eine Götter-
licbschaft erblicken und den von Dürer unzweifelhaft gestochenen