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Name fremd in den Ohren und das Venetianer Sprichwort: Alle
Deutschen sind blind, nur die Nürnberger einäugig, verlor für den
Bürger der Pfegnitzstadt viel von seinem süsssauern Geschmacke.
Lag doch därin eine Anerkennung des berühmten „Nürnberger
Witzes.‘ Ausser den Kaufleuten brachten auch die Patriziersöhne
und Gelehrten, welche die Universität Padua besuchten, mannig-
fache Kunde von der mächtigsten und reichsten Stadt Italiens.
Noch ein anderer Stand knüpfte ein festes Band zwischen Venedig
und Nürnberg. Keine italienische Stadt hatte sich des Buchdruckes
so eifrig angenommen, wie Venedig, der internationale Buchhandel]
hier seinen Hauptsitz aufgeschlagen. Die deutsche Stadt, welche
in dieser Hinsicht die regsten Beziehungen mit Venedig unterhielt,
war nächst Augsburg aber Nürnberg. Mit der Buchhändler- und
Buchdruckerwelt kam Dürer durch seinen Paten Anton Koburger,
den berühmten Nürnberger Drucker, in nähere Berührung. Auch
sonst hatte er mannigfache Gelegenheit zu erfahren, dass Drucker,
sowie die ihnen nahe verwandten Formschneider und Zeichner für
den Holzschnitt in Italien auf reiche Beschäftigung hoffen durften.
Diese Hoffnung lenkte Dürers Schritte nach Venedig. Mit un-
bedingter Sicherheit lässt sich das zwar nicht beweisen, da uns
alle Urkunden fehlen. Eine Thatsache spricht aber namentlich zu
zunsten dieser Vermutung. Dürer schloss sich in Venedig am
engsten an Jacopo de’ Barbari an. Als Maler hat Jacopo einen
50 geringen Ruhm erworben, dass er bei seinen Landsleuten bei-
nahe ganz in Vergessenheit geriet. Um so grösser war dagegen
sein Ansehen bei den Kunstfreunden diesseits der Alpen, nicht
allein bei dem Nürnberger Kaufherrn Anton Kolb, der ihn für den
besten Maler der Welt hielt, sondern auch bei Kaiser Max, in
Jessen Diensten er 1500 bis 1504 als „contrafeter und illuminist“
stand. Jacopo übersiedelte um die Wende des Jahrhunderts nach
Nürnberg und verlebte seine letzten Lebensjahre als Hofmaler der
Erzherzogin Margarete in den Niederlanden, wo er nach 1512 starb.
Es überrascht vielleicht, dass Dürer sich an keinen besseren
Maler anschloss. Aber gerade Jacopo de’ Barbari besass mehrere
Eigenschaften, welche den engeren Verkehr mit dem deutschen
Malergesellen erleichterten. Fragen wir die von Jacopo erhaltenen,
freilich erst aus seiner späteren Zeit stammenden Gemälde (Weimar,
Augsburg, Dresden), so entdecken wir in dem „Mluministen“ einen
Feinmaler, welcher in der Behandlung des Haares, in der Auf-
lösung der Masse in einzelne zarte Ringellinien, in dem flüssigen