Volltext: Albrecht Dürer

I14I 
4 - 
U. 
nn N 
bet 
tt 
pn 
«4m 
t 
„U 
mn 
AWT 
die schwarzgallige Stimmung, in welcher er sich befand, ihn entschul- 
digen kann. Dieses verdriessliche, gallige Wesen kommt nicht an 
dieser einen Stelle allein zum Durchbruche, es durchweht den 
ganzen langen Brief an Tscherte. Pirkheimer hat selbst gefühlt, 
dass er in seinen persönlichen Anschuldigungen und seinen trüb- 
sinnigen Weissagungen zu weit gehe und nimmt die einer ärger- 
lichen, subjektiven Stimmung entsprungenen Vorwürfe teilweise 
zurück. Wie er zugiebt, dass Dürers Gattin keine Bübin, sondern 
eine fromme, ganz gottesfürchtige Frau gewesen sei, so verwahrt 
er sich auch eifrig dagegen, als ob er dem alten Glauben und dem 
Papsttum angehöre und ruft Luther selbst für die Richtigkeit seiner 
Beobachtungen als Schutzzcugen an. Und richtig waren auch diese 
Beobachtungen, doch nur in einem beschränkten Kreise gültig. 
Die Schwarmgeister, die radikalen, auf einen gewaltsamen und 
vollständigen Bruch mit den alten Satzungen arbeitenden Männer, 
wie Carlstadt und Münzer, die aufständischen Bauern hatten seinen 
Zorn und seine Angst geweckt. Er sah nur die kirchenpolitische 
Seite der Reformation, fürchtete den Sturz eines geordneten Gemein- 
wesens und verzagte an der Möglichkeit, diese leidenschaftlichen, 
vielfach in der That volkstümlichen Parteien zu bändigen. In 
einem ruhigen Augenblick schied cr zwischen dem richtigen Ge- 
brauche und dem Missbrauche der neucn Lehre genauer und un- 
befangener. 
Am 1ı. September 1527, also nur acht Monate vor Dürers 
Tode, sandte er diesem die lateinische Übersetzung der Theophrasti- 
schen Charaktere mit einer herzlichen Widmung, in welcher er die 
sittliche Bedeutung der Schrift hervorhebt und weiter hinzufügt: 
„die menschlichen Begierden und Leidenschaften pflegen bisweilen 
durch Sitte und Gesetz gezügelt, längere Zeit sich zu verbergen, 
und nur bei passender Gelegenheit aus den geheimsten Tiefen des 
Herzens hervorzubrechen. Dass sich das in Wahrheit so verhalte, 
beweisen gerade unsere Zeiten, in denen allzugrosse Freiheit auch 
allzugrossen Übermut erzeugt, so dass, wenn gleich da und dort 
die Wahrheit gepredigt wird, doch nichts weniger geschieht, als 
was sie verlangt; nicht anders, als ob das Reich Gottes mehr in 
blossen Worten, als in der Bethätigung durch Thaten bestände‘‘. 
Dieser Ausspruch klingt doch anders als die polternde Anklage 
im Briefe an Tscherte und zeigt deutlich, dass Pirkheimer sich 
wesentlich nur durch die hässlichen Auswüchse der Reformations- 
lehre beschämt fühlt. 
A 
mu!
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.