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die schwarzgallige Stimmung, in welcher er sich befand, ihn entschul-
digen kann. Dieses verdriessliche, gallige Wesen kommt nicht an
dieser einen Stelle allein zum Durchbruche, es durchweht den
ganzen langen Brief an Tscherte. Pirkheimer hat selbst gefühlt,
dass er in seinen persönlichen Anschuldigungen und seinen trüb-
sinnigen Weissagungen zu weit gehe und nimmt die einer ärger-
lichen, subjektiven Stimmung entsprungenen Vorwürfe teilweise
zurück. Wie er zugiebt, dass Dürers Gattin keine Bübin, sondern
eine fromme, ganz gottesfürchtige Frau gewesen sei, so verwahrt
er sich auch eifrig dagegen, als ob er dem alten Glauben und dem
Papsttum angehöre und ruft Luther selbst für die Richtigkeit seiner
Beobachtungen als Schutzzcugen an. Und richtig waren auch diese
Beobachtungen, doch nur in einem beschränkten Kreise gültig.
Die Schwarmgeister, die radikalen, auf einen gewaltsamen und
vollständigen Bruch mit den alten Satzungen arbeitenden Männer,
wie Carlstadt und Münzer, die aufständischen Bauern hatten seinen
Zorn und seine Angst geweckt. Er sah nur die kirchenpolitische
Seite der Reformation, fürchtete den Sturz eines geordneten Gemein-
wesens und verzagte an der Möglichkeit, diese leidenschaftlichen,
vielfach in der That volkstümlichen Parteien zu bändigen. In
einem ruhigen Augenblick schied cr zwischen dem richtigen Ge-
brauche und dem Missbrauche der neucn Lehre genauer und un-
befangener.
Am 1ı. September 1527, also nur acht Monate vor Dürers
Tode, sandte er diesem die lateinische Übersetzung der Theophrasti-
schen Charaktere mit einer herzlichen Widmung, in welcher er die
sittliche Bedeutung der Schrift hervorhebt und weiter hinzufügt:
„die menschlichen Begierden und Leidenschaften pflegen bisweilen
durch Sitte und Gesetz gezügelt, längere Zeit sich zu verbergen,
und nur bei passender Gelegenheit aus den geheimsten Tiefen des
Herzens hervorzubrechen. Dass sich das in Wahrheit so verhalte,
beweisen gerade unsere Zeiten, in denen allzugrosse Freiheit auch
allzugrossen Übermut erzeugt, so dass, wenn gleich da und dort
die Wahrheit gepredigt wird, doch nichts weniger geschieht, als
was sie verlangt; nicht anders, als ob das Reich Gottes mehr in
blossen Worten, als in der Bethätigung durch Thaten bestände‘‘.
Dieser Ausspruch klingt doch anders als die polternde Anklage
im Briefe an Tscherte und zeigt deutlich, dass Pirkheimer sich
wesentlich nur durch die hässlichen Auswüchse der Reformations-
lehre beschämt fühlt.
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