Volltext: Albrecht Dürer

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erst zusammen betrachtet klären sie über die Absicht des 
Künstlers auf. 
Welches war aber seine Absicht? Wir können sie aus den beiden 
Stichen erraten, wir können sie auch aus verwandten Gedanken- 
kreisen, welche Dürer gewiss nicht fremd waren, vermuten. Dass 
Dürer die volkstümlichste Schrift des Erasmus, das Lob der 
Narrheit, kennt, beweisen zwei mit der Feder gezeichnete Blätter 
in dem Pester Nationalmuseum, auf welchen offenbar einzelne Aus- 
sprüche der Narrheit illustriert sind. Im Lobe der Narrheit nun 
wird vielfach die Thorheit der Weisheit, das Glück der ersteren 
den Kümmernissen, welche die Weisheit, das ungewisse Streben 
nach Wissen, bereitet, gegenübergestellt. Erasmus spottet der 
Philosophen, die nur in Wolkenkuckucksheim zu Hause sind, die 
Schranken der natürlichen Erkenntnis mit Gewalt durchbrechen. 
auf ihre Dreiecke, Vierecke, Kreise, und was cs sonst an gco- 
metrischen Figuren giebt, pochen, mit Hilfe von geheimen Künsten 
und Zaubermitteln in das Innerste der Dinge eindringen wollen 
Glücklich war das goldene Zeitalter, wo man nicht grübelte, sondern 
einfach den Eingebungen der Natur folgte, unglücklich sind Menschen, 
welche von der Leidenschaft, alles wissen zu wollen, ergriffen 
werden. Mit dem Wissen steigen die Bedrängnisse, Trauer wohnt 
im Herzen des Weisen, grosse Weisheit ist von grossem Unmute 
begleitet. Glückseligkeit geniessen jene allein, deren Geist der 
Welt entrückt ist, welche ganz von dem wirklichen Leben sich 
abgezogen haben. Diese Glückseligkeit wird allerdings erst nach 
dem Tode, jenseits voll genossen, aber einzelne Auserwählte 
kosten sie bereits auf Erden vor. Und merkwürdig. In den Rand: 
zeichnungen, welche Holbein einem Exemplare des Lobes der Narr- 
heit zufügt, wählt er zum Vertreter der Glückseligen auf Erden den 
h. Hieronymus. Gleichviel ob Holbein den Stich Dürers kennt oder 
nicht, jedenfalls war also der durch Erasmus’ Bibelerklärungen in 
den Vordergrund gerückte Kirchenvater in jenen Tagen als Typus 
eines ruhigen, gottseligen Lebens eine volkstümliche, leicht ver- 
ständliche Gestalt. Vielleicht flogen Dürer noch von anderer Seite 
ähnliche Anregungen zu. Das Ringen nach Erweiterung der Er- 
kenntnis, die Leidenschaft des Forschens, dann wicder der Klein- 
mut über die engen Grenzen des Wissens, der Glaube an die Thor- 
heit und Eitelkeit aller Dinge, endlich die Sehnsucht nach Frieden 
und Klarheit, das alles schwirrte in der Luft und beschäftigte die 
Geister. Die Zeitstimmung trug Dürer die Geyvenstände der Schil
	        
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