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war, so wird man sich gewiss mit Recht an die Thatsache
halten, dass er einen Teil seiner Jugend am Hofe Kaiser
Friedrichs III. verlebte!): in dieser vom Humanismus
durchtränkten Sphäre hat er wohl den Grund zu seiner
modernen Bildung gelegt.
Männer wie Tucher und Schreyer sind nun darum so
viel wichtiger als manche ihrer Landsleute, deren huma-
nistische Bildung tiefer und abgeschlossener war, weil sie
die äusseren Ehren der Gelehrsamkeit verschmähend sich
nicht durch die Erwerbung des Doktorhutes die Rats-
fähigkeit verscherzten. So werden wir sehen, wie sie
schon in den achtziger Jahren der neuen Bewegung zuerst
amtliche Förderung verschaffen. Im übrigen verraten
die blossen Namenlisten der Ratsmitglieder nichts darüber,
wer von ihnen nun endlich einzulenken begann. Der
Mann, der während der Zeit erster Bürgermeister war, in
der der offizielle Umschwung sich vollzog, ist Gabriel
Nützel: er kommt 1482 zu seiner Würde und hat sie un-
gewöhnlich lange, bis zu seinem Tode im Jahre 1501 be-
kleidet.”) Wie weit nun aber seine Bedeutung für die
Reception des Humanismus eine aktive oder eine mehr
passive war, lässt sich schwer sagen, da wir über seine
geistige Eigenart nicht im mindesten unterrichtet sind: die
Nützelschen Familienaufzeichnungen, deren Handschrift
das Germanische Nationalmuseum aufbewahrt‘), enthält
über Gabriel Nützel keine näheren Angaben.*) Dürfte
man von jüngeren Anverwandten auf den älteren zurück-
schliessen, so würde man vielleicht darauf hinweisen, dass
des Bürgermeisters Sohn Kaspar in den Stürmen der Re-
formationszeit mit aller Entschiedenheit sich auf die Seite
1) Hartmann a. a. O0.
2) Cod. germ. Mon. 2050,
3) Ms. 17,008.
4) Freundliche Mitteilung der Direktion.