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Werk schon gefunden hat*), braucht hier kein Panegyrikus
des Panegyrikus geboten zu werden; so sei denn nur der
gewaltige Abstand nochmals betont, in dem diese Leistung
zu den älteren Versuchen steht. Celtis’ “Norimberga’ ist
aber doch kein blosser Panegyrikus, sondern bei allem
Bestreben, Liebenswürdigkeiten zu sagen, ein Ausdruck
persönlicher Stellungnahme, die nicht lobt, was nicht zu
loben ist, und die auch vor einem Wort des Tadels nicht
zurückscheut: gibt es da doch sogar eine grimmige Invektive
gegen ein Produkt Nürnbergs, das wir noch heute nicht
zu den schlechtesten Leistungen der Stadt rechnen, das
der Sohn des Winzers aber mit unverhohlenster Abneigung
ansah: gegen das Nürnberger Bier. Celtis’ ganze Persön-
lichkeit spiegelt sich in dem Werke: wenn ihm ‘Philosophie’
ınd ‘Poesie’ immer eins war, so tritt das auch hier deutlich
zu Tage, wo der Völkerpsycholog und der Nationalökonom
mit dem Poeten wetteifern, Nürnbergs Eigentümlichkeiten
mit dem Verstande wie mit dem Gefühl zu erfassen und
darzustellen. Und statt des Gestammels; das die volks-
zümlichen Lobredner mühsam zusammenstoppelnd vor-
gebracht hatten, statt der Gelehrsamkeitsanhäufung, die
Meisterlin, Schedel, Alt bieten, eine reife, durchgebildete
Form, die der Gelehrsamkeit Herr wird, soweit das der
Humanist überhaupt werden will. Dehnt man die Grenzen
der Reception des Humanismus in Nürnberg bis in die
neunziger Jahre aus, so stellt die “‘Norimberga’ zweifellos
das reifste Werk dar, das dieser ganze Entwicklungsprozess
hervorgebracht hat.
So falsch es also wäre, auch um diese Zeit den Hu-
manismus in Nürnberg als noch nicht eingeführt zu be-
trachten, so verkehrt wäre auf der andern Seite die An-
nahme, es sei in den achziger und neunziger Jahren jede
1) Bezold a, a. O0. S. 37 ff; Hartmann S. 34 ff.