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nicht durch die Verlegung des Kirchhofes einen Faustschlag ins Gesicht
versetzen. Die Verlegung sei auch ganz unnötig und entbehre jedes
trifligen Grundes. Wenn gesagt werde, daß es am Platz mangele,
so sa dies vollständig unwahr, denn nach dem vorliegenden, von Sach—
verständigen geprüften Plane reiche der Kirchhof min destens noch
50 Jahre, ohne daß der Engelhardt'sche Acker dabei in Berechnung
gezogen sei. Von gesundheitsschädlichen Einflüssen des Kirchhofes könne
keine Rede sein, weil derselbe gegen Osten liege, die meisten Winde aber
von Westen kämen; ferner liege der Kirchhof sehr hoch und in der
Nähe des Flusses. Uns Christen müsse der magistratische Beschluß
mit Recht auffallen, weil von einer Verlegung des israelitischen Kirch⸗
hofes, von dem die dem christlichen imputierten schädlichen Einflüsse
cher ausgehen müßten, weil er nach Westen hin liege, bis jetzt nichts
verlautbar geworden sei; die Gemeindeangehörigen müßten also ver—
langen, daß der Magistrat vor allen Dingen gerecht und unparteiisch
handle. Übrigens seien auch etwaige schädliche Folgen des israelitischen
Kirchhofes nicht erwiesen. Die Ausdehnung der Stadt nach Osten
und die Eisenbahn seien kein Hindernis für die Erweiterung des be—
stehenden Kirchhofes. Durch die Verlegung des Kirchhofes erwüchsen
der Gemeinde nur kolossale Kosten und neue Schulden ꝛc. ꝛc.“ Herr
Böhm suchte die Ausführungen abzuschwächen und zu widerlegen,
jedoch mit wenig Glück. Nach lebhafter Debatte beschloß die Ver—
fammlung mit allen gegen fünf Stimmen (unter letzteren Dr. Degen,
Evora, Zick) beim Magistrat feierliche Verwahrung gegen die Er—
richtung eines neuen Friedhofes einzulegen.
In der Magistratssitzung vom 22. Mai wurde beschlossen, eine
offizielle Erklärung nach den aktenmäßigen Darstellungen durch Druck be—
kannt zu geben.
Aus dieser Bekanntmachung vom 29. Mai 1878 heben wir folgen—
des hervor:
„Unterm 21. Okt. 1875 wurde beschlossen, daß die 197 800 Qua—
drat-Fuß fassende Fläche, welche südlich vom Heuweg liegt und aus dem
Eckertoschen Nachlaß erworben wurde, nicht mehr mit Gräbern belegt,
sondern in das Baulinienprojekt mit aufgenommen werden solle.
Der demnach noch übrig bleibende Raum — die Gegner hatten gerade
obige Fläche in den Bereich ihrer Berechnungen gezogen — reiche nur noch
3 Jahre aus. Wegen Schiefwinkeligkeit der Vierecke konne der volle
Raum nicht ganz ausgenützt werden. Das zu tief liegende Land müßte
mit bedeutenden Kosten ausgefüllt werden. Jedes Hinausrücken des der—
zeitigen Friedhofes über seine jetzigen Grenzen muß um deswillen refüsiert
werden, weil ein solches Hinausrücken den Friedhof auf seinem jetzigen Platz
verewigen würde, was im Interesse der Sanität und der Entwicklung der
Stadt verhütet werden muß. Jetzt sei die günstigste Zeit zur Beschaffung
eines neuen Beerdigungsplatzes, weil die Preise der Materialien und der
Lohn so niedrig siehen, daß mit verhältnismäßig geringen Mitteln das
Unternehmen jetzt durchgeführt werden könne. Der Magistrat hätte am
21. März 1876 beschlossen, und halte sich verpflichtet, denjenigen gegenüber,