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Einsicht bewirkt haben. In eine Niederung der Kritiklosigkeit und
poetischer Schwäche führt uns der Anfang des 18. Jahrhunderts.
Eine literarische Fehde im Norden Deutschlands zeigt uns, wie
wenig in Poetenkreisen historischer Blick zu finden war, wiewohl
Morhof in seinem „Unterricht“ (1682) bereits eine bescheidene
Grundlage zu einer deutschen Literaturgeschichte gelegt und Wagen-
seil einen immerhin beachtenswerten Beitrag zur Geschichte des
Meistergesanges (1697) veröffentlicht hatte. Hamburg, das einige
Jahrzehnte später das kritische Talent Lessings sich entfalten sah,
war der Schauplatz eines zwar von literarischen Persönlichkeiten
geführten, aber wenig literaturfähigen Kampfes geworden. Es ist
im ganzen eine recht klägliche Komödie, die Christian Wernicke
und Christian Fr. Hunold (Menantes) hier aufführten. Der dritte
im Bunde, der dabei gewöhnlich genannt zu werden pflegt, Postel,
spielt für unseren Fall mehr eine Nebenrolle. Die Sache ist be-
kannt. Wernicke hatte in seinen „Überschriften“ den Hofmanns-
waldau- Lohensteinschen Geschmack angegriffen. Der Hamburger
Operndichter Christian Heinrich Postel verfaßte daraufhin das be-
kannte Sonett auf Wernicke; nun ließ dieser sein „Heldengedicht
Hans Sachs“ (Hamburg 1702) vom Stapel. Postel fand einen Partei-
genossen an Hunold, der Wernicke angriff, von diesem zurück-
gewiesen wurde und nun seine Komödie „Der Thörichte Pritsch-
meister“ (1704) gegen Wernicke ausspielte. Mit einem Male wird
jetzt im Norden Deutschlands der Nürnberger Meistersänger —
Rist hatte bereits die Erinnerung an ihn nicht sehr lobend aufge-
frischt — stark in den Vordergrund gedrängt. Aber welcher Hans
Sachs wird uns da vorgeführt!
Die Hamburger literarischen Verhältnisse geben den Hinter-
grund ab, ohne daß man aber sagen könnte, ihre Beschaffenheit —
etwa das Theaterwesen — hätte gerade zur Hervorzerrung des
Hans Sachs hingeleitet. Damals war die Glanzzeit der Oper in Ham-
burg angebrochen, Librettisten und Komponisten verschiedenen
Rufes entwickelten eine rührige Tätigkeit. In diese Welt, die nur
von äußerlichem Theaterpomp beherrscht war, wurde der frühere
Londoner Gesandtschaftssekretär Christian Wernicke verschlagen,
ein Mann, der einst unter Morhof in Kiel seine Bildung empfangen
und auf seinen Reisen auch die damalige Literaturströmung Frank-
reichs kennen gelernt hatte. Hier hatte der Schwulst seine Be-