Denkwürdige Vorfälle
26. März 1927. Beethoven-Feier der Stadt Nürnberg. Der 100. Todestag
Ludwig van Beethovens wurde in der ganzen Welt durch Erinnerungsfeiern begangen. Die Stadt
Nürnberg veranstaltete am Samstag, nachmittags um 6 Uhr, am Denkmal Beethovens vor dem
Neuen Stadttheater eine imponierende Feier, zu der sich eine zahlreiche Menschenmenge eingefunden
hatte. Vom Theater wehten die Fahnen in den Farben des Reiches, des Landes und der Stadt. Für
die geladenen Gäste war auf der Terrasse des Theaters eine Tribüne errichtet worden. Zuerst sang
der Volksliederbund „Hans Sachs“ und der Gesangverein „Typographia“ sehr eindrucksvoll unter der
Stabführung von Lothar Kraus den Gefangenenchor aus „Fidelio“. Anschließend brachte der Fränkische
Zängerbund, geleitet von dem Bundeschormeister Fritz Binder, „Gottes Macht und Vorsehung“ weihe—
bvoll zum Vortrag. Oberbürgermeister Dr. Luppe hielt eine Ansprache, in der er darauf hinwies, daß
es nicht nur der Künstler, sondern auch und in erster Linie der Mensch Beethoven sei, den wir ehren,
denn selten seien der Mensch und sein Werk so eins, selten seien die Werke so aus dem tiefsten Innern
des Herzens geschöpft worden wie bei Beethoven. Als Kämpfer für die Freiheit der Persönlichkeit
ahnte er einen Bund der Freien, erfüllte ihn der Glaube an die Menschheit und den Sieg des Guten.
Der Abschluß seiner letzten und größten Symphonie mit dem Lied an die Freude sei diesem Glauben
entsprungen. Und so soll Beethovens Musik in uns immer wieder starke Begeisterung wecken für alles
Edle und Schöne, uns stählen im Kampfe um unser Ich, um unsere äußere und innere Freiheit.
Redner legte darauf einen großen Lorbeerkranz, geschmückt mit den Farben der Stadt, zu Füßen des
Denkmals nieder. Mit kurzen Ansprachen legten dann noch der Arbeitersängerbund und der Fränkische
Zängerbund Kränze nieder. Letzterer brachte zum Schluß die „Hymne an die Nacht“ und „Die
Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ zum Vortrag. Damit hatte die weihevolle Feier ihr Ende. Bei der
darauffolgenden Festvorstellung im Stadttheater wurde der „Fidelio“ gegeben. Die am Sonntag
oormittag veranstaltete Morgenfeier in der Katharinenkirche, mit der das Nürnberaer Streichauartett
hetraut worden war, zeigte einen überaus starken Besuch.
2. Todeskälle verdienter Nürnberger Perlönlichkeiten.
14. April 1926. Aures, Ulrich, Gastwirt. Derselbe wurde am 30. September 1870 in
Bermersheim geboren. Seit 1908 in Nürnberg als Mechaniker beschäftigt, erhielt er 1913 das Bürger—
eecht, nachdem er bereits seit 1910 dahier eine Schankwirtschaft betrieben hatte. Aures hat sich be—
sonders um das deutsche Lied große Verdienste erworben. Immer, wenn es galt, seine Kraft in den
Dienst des deutschen Männergesangs zu stellen, war Ulrich Aures einer der ersten, der mitwirkte;
28 Jahre lang war er Vorstand des Gesangvereins „Liederbund“, der ihn in Anerkennung seiner
Verdienste zum Ehrenmitglied ernannt hatte. Im Jahre 1908 half er den, Gauverband Sänger—
vereinigung „Noris“ gründen, deren Vorsitzender er seit dieser Zeit war. In der Verwaltung des
„Fränkischen Sängerbundes“ war er 17 Jahre lang als Ausschußmitglied tätig. Weiter war er
Schriftführer der Freien Gastwirtsinnung Nürnberg.
3. Mai 1926. Fronmüller, Maäͤrtin; Oberstudienrat a. D—, verdienter Schul—
mann, beliebter humoristischer Dichter. Er wurde am 10. November 1860 in Cammin in Pommern
geboren, stammte aber aus einer alten Fürther Familie. Seine Eltern kehrten denn auch mit ihm noch
als Knaben wieder nach Süddeutschland zurück. Hier besuchte er seit 1873 die Realschule in Ansbach,
seit 1874 das Realgymnasium in Nürnberg. Von 1880 bis 1884 studierte er auf den Universitäten
Erlangen, Leipzig und München Mathematik und Physik, nahm dann für einige Jahre eine Stelle in
den Vereinigten Staaten von Nordamerika an und wurde, zurückgekehrt, zunächst Präfekt an der
Dammschen Handelsschule in Marktbreit. Von 1887 bis 1894 war er Reallehrer an der Israelitischen
Bürgerschule in Fürth; 1894 kam er nach Nürnberg, zunächst als Reallehrer an die Kreisrealschule II
im „Peunthof“, dann mit seinem Freunde Rektor Kellermann an die neugegründete Kreisoberreal—
schule. Er war einer jener Lehrer, die feinen Herzenstakt mit großen pädagogischen Gaben verbinden,
daher er auch bei Kollegen wie Schülern gleich beliebt und geachtet war. Allgemein bekannt und
angesehen aber machte ihn sein unverwüstlicher Humor' und seine starke dichterische Begabung und
Schöpferkraft. Für Vereinsabende seines Lehrerkollegiums wie des Männergesangvereins Nürnberg
schuf er eine Unzahl humoristischer Gedichte und größere Dichtwerke. Erinnert sei nur an die Parodie
„Salome“ und an die „Kehrichtkübelrevolution“, welche in prächtigster Weise den damals in Nürnberq