Objekt: Nürnbergs Bedeutung für die politische und kulturgeschichtliche Entwickelung Deutschlands im 14. und 15. Jahrhundert

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Höher trägt der Germane wieder das Haupt und schlägt das 
Aug' auf vor dem Fremdlinge, das sich schamvoll senkte ob 
unserer Zwietracht; ein starkes Brudergefühl erwärmt die, Ge— 
theilten von der Ostsee bis hinab, wo weit die Donau durch 
die Puste zieht; jeder Stamm, jede Stadt, jede Corporation 
beeifert sich zum gemeinsamen Feste den möglichen Tribut zu 
bringen. 
Wir begingen wol vor dreizehn Jahren mit würdig 
ernster Haltung ein heiliges Volksfest, dem größten deutschen 
Sohne geweiht, der zuerst den Zwang starrer Satzung gelöst 
hat; aber es war ein Todestag, kein Geburtstag; auch ließ 
sich das trübe Bewußtsein nicht bergen, daß die von Luther 
angebotene Geistesfreiheit nachher mit Blut und Bruderhaß 
zu bezahlen war. Und wiederum nach drei Jahren als der 
hundertjährige Geburtstag des großen Dichters erschien, da 
vernahm man aus bedeuteuden Städten die Kunde, daß Vereine 
und Schaubühnen sein Andenken geheiligt hätten, und auch zu 
uns eilte die Schar seiner Verehrer, also daß dieser Saal 
die Menge nicht faßte; aber gleichwol, hätten wir die Göthe— 
feier unterlassen, der Säculartag des Unsterblichen wäre in 
Nürnberg spurlos vorüber-gegangen. Göthes Ehrentag hat 
sich keineswegs zum Nationalfest gestaltet, weder bei uns noch 
irgendwo in Deutschland; arm und kalt ging er vorüber, wenn 
gleich von der Augustsonne beschienen. Und doch stand uns 
Göthe der Zeit nach näher; die Mehrzahl gedachte noch der 
Jahre, in denen der Olympier in heiterer' Ruhe auf dem deut— 
schen Parnasse thronte. Und doch hat uns Göthe Kraft und 
Arbeit über ein Menschenalter laͤnger geweiht. Wer möchte 
ferner noch heute mit dem veralteten Satz an's Licht treten, er 
habe minder als sein fruͤhverstorbener Freund fürs Volk ein 
Herz gehabt?
	        
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