Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1924/25 (1. April 1924 bis 31. März 1925) (1924/25 (1925))

Besondere Fürsorge und Wohlfahrtspflege. 
Mündelzahl. Die Zahl der unter Berufsvormundschaft bzw. unter Berufspflegschaft 
sttehenden Mündel betrug am 1. April 1924: 4182. Trotzdem wiederholt die Sammelvormund⸗ 
schaft gesperrt wurde und sich der Berufsvormund außerdem auch besonders um die Ueber⸗ 
leitung abgabereifer Fälle an Einzelvormünder bemühte, hat sich der Kreis der Mündel 
wiederum vergrößert. Neu hinzu kamen auf dem Wege der gesetzlichen Berufsvormundschaft: 
301 Armenpfleglinge, 233 Kostkinder und 47 Fürsorgezöglinge, zusammen 581 Mündel, 
ferner auf dem Wege der Sammelvormundschaft noch weitere 198 Mündel. Der Gesamt⸗ 
zugang betrug also 779 Mündel. In Fortfall kamen dagegen nur 892 Fälle, so daß ein 
Reinzuwachs von 387 Fällen verblieb und die Mündelzahl am Ende des Berichtsjahres auf 
1569 angestiegen war. Von diesen Minderjährigen waren 4140 unehelich, 229 ehelich. In 
4424 Fällen handelte es sich um Vormundschaft im engeren Sinne, in 145 Fällen um Pfleg— 
schaft, und zwar meist Unterhaltspflegschaft. 
Sorge für den Unterhalt der Mündel. Dank der Festigung der Währung konnten 
wir im Mai 1924 von der in der Inflationszeit üblich gewordenen Gleitrente zur festen Rente 
zurückkehren. Die Inderberechnung hatte zu ihrer Zeit unbestreitbar große Vorzüge 'gehabt, 
aber sie war naturgemäß schwerfällig zu handhaben und zudem zeigte sich, als die Marktlage 
endlich wieder übersichtlich wurde, daß die auf Grund des Index errechneten Rentenbeträge 
den tatsächlichen Unterhaltskosten nicht entsprachen. Wir gingen daher auch an die Umstellung 
der alten Indextitel, was in zahlreichen Fällen im Wege des Unterhaltsübereinkommens 
zelang, im Prozeßweg hingegen lange Zeit nur bei auswärtigen Gerichten glückte. Seit 
aeuester Zeit halten auch die hiesigen Richter die Abänderung eines sogenannten wertbestän— 
digen Reichsindexunterhaltsurteils auf dem Wege des 8 323 8PO. für zulässig, so daß es 
nunmehr wohl möglich sein wird, die Indexrenten gänzlich abzubauen. 
Für die Festsetzung der Rentenhöhe waren nach wie vor die Berechnungen des statisti— 
schen Amtes maßgebend. Unsere sogenannte Mindestrente — Rentensatz für Kinder ein— 
'achsten Standes — betrug seit Mai 1924: 5.50 RMuwöchentlich. Für Kinder in fremder 
Pflege billigt das hiesige Prozeßgericht neuerdings monatlich 30 Mark zu, verlangt aber, daß 
die Notwendigkeit der Unterbringung in fremder Pflege nachgewiesen wird. Der Betrag von 
30 Mark deckt freilich kaum die Kosten, die die Armenpflege für die von ihr untergebrachten 
Kostkinder aufwenden muß, geschweige denn den Aufwand für sogenannte private Kostplätze. 
Das Mißverhältnis zwischen Alimentenbetrag und tatsächlichen Unterhaltskosten bleibt also 
nach wie vor bestehen und die Bestimmung des 8 1708, Abs. 1, wonach der uneheliche Vater 
für den gesamten Lebensbedarf des Kindes aufzukommen hat, ist von vorneherein illusorisch. 
Denn bei dem häufigen Wechsel zwischen Kosthaus und mütterlicher Familie, dem ein großer 
Teil der unehelichen Kinder ausgesetzt ist, ist es ja praktisch ganz unmöglich, jedesmal ent— 
sprechend gegen den Kindsvater vorzugehen. Die Zubilligung von 30 RMuals Mindestsatz 
an alle Mündel, auch an die in der Familie untergebrachten, täte daher dringend not. 
Der Eingang der Alimente ließ nach wie vor zu wünschen übrig. Es hing dies gewiß 
zum Teil wie im Vorjahre mit der ungünstigen Lage des Arbeitsmarktes zusammen, sicher 
aber auch mit dem steigenden Alkoholkonsum. Im Herbst 1924 wurde stichprobenweise an 
einem Aktenmaterial von über 100 Fällen die Bedeutung der Trunksucht für die Alimen— 
tation unehelicher Kinder festzustellen versucht. Nach Ausscheidung all der Fälle, bei denen 
Alimentation überhaupt nicht in Frage kam oder bei denen die persönlichen Verhältnisse des 
Kindsvaters damals nicht hinreichend bekannt waren, verblieben 4 Fälle zur Bearbeitung. 
Dabei ergab sich, daß unter den 33 Vätern, die regelmäßig und gut zahlten, nur 6 waren, die 
dem Alkohol gerne zusprachen, aber darunter kein einziger eigentlicher Trinker. Unter den 
übrigen 11 Vätern, die ihre Alimentationspflicht schlecht oder gar nicht erfüllten, waren 8, 
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