Gemeindevertretung und Verwaltung
Teuerungszulagen. Zu den neu festgesetzten Tariflöhnen mußten schon nach kurzer
Zeit infolge der weiteren Aufwärtsbewegung der Kosten der Lebenshaltung Teuerungszuschläge
bezaͤhlt werden.
Ab 1. Juli 1920 wurde den Arbeitern ein wöchentlicher Teuerungszuschlag von
50 M in Lohnklasse J, 54 . in II, 58 M in III, 62.M in IV, 66 A in V, 70 A in
VI, 74 M in Lohnklasse VII bewilligt.
Für die Arbeiterinnen beträgt der wöchentliche Teuerungszuschlag, ebenfalls
ab 1. Zuli 1920, in Lohnklasse J 43 ., 46 , 40 AM, in Lohnklasse II M M, 50 M, 53 M.
Vom 1. November 1920 ab wurde der Teuerungszuschlag einheitlich für alle Lohnklassen
der Arbeiter und Arbeiterinnen um wöchentlich 7.50 MA erhöht.
6. Allgemeine Verwaltung.
a. Adreßbuch.
Herausgabe durch einen Privatverlag. Die Herausgabe eines Adreßbuches ist im
Berichtsjahre aus technischen Gründen unterblieben; die Notwendigkeit des Erscheinens eines
vollständigen Adreßbuches wie in den früheren Jahren ist zwar überall anerkannt worden, die
Stadt ist aber mit Rücksicht auf die hohen Herstellungskosten nicht mehr in der Lage, das Buch
in eigenem Berlage herauszugeben. Es wurde daher beschlossen, Verhandlungen wegen der
Übergabe des Adreßbuches an einen Privatverlag einzuleiten.
b. Fremdenamt. J
Entstehung. Nach dem Umsturz im November 1018 hat ein derartiger Zustrom von
Ausländern — hauptsächlich aus den Oststaaten — nach Bayern eingesetzt, daß das Mini⸗
sterium Eisener sich bereits am 14. Januar 1919 veranlaßt gesehen hat, eine Bekanntmachung
über Paßpflicht zu erlassen, die den Zweck hatte, den Bolschewismus zu bekämpfen, insbesondere
ein Übergreifen dieser Bewegung auf bayerisches Gebiet zu verhindern. Der Erfolg dieser
Maßregel war gleich Null, wie die Räteherrschaft im April 1919 in München zeigte, die
größtenteils auf Nichtbayern zurückzuführen war.
Am 286. Mai 1019 erließ das Ministerium für militärische Angelegenheiten zur Erhaltung
der öffentlichen Sicherheit eine Bekanntmachung, nach der Ausländer und Staatlose sich an
jedem Ort in Bayern zu melden hatten und außerdem länger als 7 Tage sich nur mit vorheriger
schriftlicher Genehmigung der zuständigen Bezirkspolizeibehörde aufhalten durften. Auch
durch diese Bekanntmachung konnte die Fernhaltung lästiger und unerwünschter Ausländer
nicht erreicht werden.
Da der Wohnungsmangel und die Schwierigkeiten auf dem Gebiete des Ernährungs—
wesens wie des gesamten Wirtschaftslebens immer schärfere Formen annahmen, erließ das
Gesamtministerium des Freistaats Bayern am 20. März 1920 eine Verordnung, durch die die
bisherigen Vorschriften über Zuzug und Aufenthalt von Ausländern wesentlich verschärft wurden.
Die Hauptpunkte dieser Verordnung waren:
. Ausländer durften nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung nach Bayern einreisen und mußten sich an
jedem Ort in Bayern melden; F
Ausländer, die nach dem 1. August 1914 nach Bayern zugezogen waren und keine Aufenthaltsgesiehmigung
hatten, mußten innerhalb von 5 Tagen nach der öffentlichen Bekanntmachung der Verordnung Bayern verlassen;
Ausländer, die ebenfalls nach dem 1. August 1914 nach Bayern zugezogen waren, jedoch nicht unter Ziffer 2
fielen, mußten im Falle der Aufforderung durch die Bezirkspolizeibehörden Bayern innerhalb einer bestimmten
Frist verlassen;
Bei Zuwiderhandlungen gegen die Ziffern 2 und 3 konnten die Bezirkspolizeibehörden Schutzhaft verhängen,
die in Ingolstadt im Fort „Prinz Karl“, das zu diesem Zweck als Sammellager eingerichtet wurde, zu voll⸗
ziehen war; dort hatten die Ausländer bis zur Abschiebung in den Heimatstaat zu verbleiben.
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