Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg des Jahres 1919 (1919,1 (1920))

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Soziale Fürsorge 
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ursachten, weil sie entweder noch gar nicht bekannt (Manioka-Tapioka-Grieß, Darismehl) oder 
unbeliebt (getrocknete Kastanien, Bananenmehl, Hirsegrieß), oder zu teuer (apanische, bra— 
silianische Erbsen und Bohnen) waren. Im Frühjahr bezogen wir stattliche Posten verschieden— 
artigster Waren von der Bayerischen Heeresverwaltungsstelle und von aufgelösten Proviant- 
amtslagern, wodurch wir zu mehreren Sonderverteilungen an die Bevölkerung in den Stand 
gesetzt wurden. 
Statt des Preisabbaues, den man noch in der Kriegszeit glaubte vorbereiten 
zu können, brachte das Jahr 1919 auf allen Linien einen ununterbrochenen Aufstieg. Die Be— 
triebskosten zeigten ein beängstigendes Anschwellen. Frachten, Fuhrlöhne, Postgebühren, Ver— 
sicherungen, Gehälter, Löhne verzehrten immer größere Summen. Es kostete alle Mühe, das 
Geschäft so zu führen, daß es doch wieder möglich wurde, den Verbrauchern Preisvorteile zu 
gewähren, worüber der Bericht bei den betreffenden Waren das Nähere sagen wird. 
Die Markenkontrolle waltete ihres Amtes in hergebrachter Weise mit dem 
gewohnten guten Erfolg. Wegen des Fortfalles einiger besonderer Aufgaben konnte der Per— 
sonalstand gegen das Vorjahr beträchtlich verringert werden. 
Die Unkosten einschließlich des Aufwandes für das Personal betrugen 44 600 M, 
wovon nach Maßgabe des hierfür bewilligten Kredits das städtische Lebensmittelamt 32 000 M 
ersetzte, während der Rest von uns selbst bestritten werden muß. 
Tätigkeit. Städtischer Verkauf. Dieser war im verflossenen Ighre wieder 
sehr stark beschäftigt. Der Zuspruch durch Militärpersonen hat sich natürlich bedeutend ver— 
mindert, dafür wuchs aber die Arbeit durch eine beträchtliche Verinehrung der Sonderver— 
teilungen auf Haushaltungsmarken. 2 Läden des städtischen Verkaufs — Fürther Straße 19 
und Scheurlstraße 22 — wurden eingezogen, weil sie sich als überflüssig erwiesen. Es waren 
also Ende des FJahres 3 Verkaufsstellen im Betriebe und 5 Lagerräume in Benützung, wo zu— 
sammen 18 Personen unter der Leitung des Geschäftsführers tätig waren. Der Umsatz 
sämtlicher Berkaufsstellen bezifferte sich auf rund 1I 600 ooo M. Bedient wurden 
über 800 o0o Personen. Polizeiliche Beschlagnahme und Einziehungen des Kriegswucher— 
amtes führten dem städtischen Verkauf Lebensmittel im Werte von rund 39 454 M zu. 
Industrie. Im Fahre 1919 wurden mit Suppeneinlagen beliefert 100 Betriebe 
mit rund 23 000 Arbeitern, gegenüber 163 Betrieben mit rund 30 500 Arbeitern Ende 1918. 
Der Rückgang in der Versorgungsziffer setzte schon Ende 1918 ein und verschärfte sich im Jahre 
1919 weiter, nachdem infolge Rohstoff- und Kohlenmangels und anderer ungünstiger Um— 
stände eine Reihe von Betrieben nur mit Mühe vor der zeitweisen Stillegung oder dauernden 
Schließung bewahrt werden konnten. Aus diesem Grunde wurden auch vielfach die Betriebs- 
küchen aufgelöst. 
Verteilung. Die Gesamtverteilung belief sich auf zusammen rund 2067 Ztr. 
und zusammen rund 8601 verschiedener Waren im Werte von rund 130 000 M. Hierzu kamen 
noch Waschmittel im Gesamtwerte von rund 48 000 M, wovon entfallen auf K.·A.Seife rund 
75 ooo Stück zu je 1I00 g ⸗ rund 28 000 M, und auf K. A.Seifenpulver rund 76 000 Pakete 
zu je 250 8 — rund 20 000 M. Bis Ende August 1919 unterlagen Waschmittel allgemein der 
Zwangsbewirtschaftung. Wenn sich trotzdem in deren Bezug durch die Industrie ein steter 
Rückgang bemerkbar machte, so ist dies in der Hauptsache darauf zurückzuführen, daß die Be— 
triebe für ihre Arbeiter vielfach teuere Auslandsseife beschafften. Als Folge davon hörte die 
Nachfrage nach fettlosen Waschmitteln, welche zu keiner Zeit beliebt waren, voll— 
ständig auf, weshalb sie durch uns bei der Regierung schon seit geraumer Zeit nicht mehr an— 
gefordert wurden. Die Betriebe weigerten sich auch zum größten Teil, weiterhin die ihnen 
zugeteilte K. A.Seife zu beziehen, übernahmen dagegen das ihnen zugewiesene K. A.Seifen- 
pulver. Die verminderte Nachfrage seitens der Industrie zwang uns, für unsere reichlichen
	        
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