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Wohlfahrtspflege
lingsfürsorge wurde der im Jahre 1918 genehmigte Kredit von 100 o000 M um weitere 150 000
bermehrt. Mitte 1919 gelangte durch die bisher an die örtlichen Fürsorgestellen versandten
Merkblätter des Landeshilfsvereins vom Roten Kreuz in München zur Kenntnis, daß das Reich
die von den Distriktsverwaltungsbehörden gemachten Aufwendungen für Zwecke der Flücht-
lingsfürsorge, und zwar zunächst für Elsaß-Lothringer, vollständig rückwirkend ab 1. Januar
1919 ersetzt, woraufhin Liquidation erstmals am 12. Juni 1919 erfolgte. Später, und zwar
ab 1. Juli 1919, wurden auch die Aufwendungen für Pfälzer und Flüchtlinge aus dem besetzten
Gebiet vom Reich übernommen. Die erwerbsfähigen Flüchtlinge waren in
erster Linie als Erwerbslose zu Lasten der Erwerbslosenfürsorge zu unterstützen. Es wurde
deshalb die Flüchtlingsfürsorge der allgemeinen Erwerbslosenfürsorge als 11. Bezirk ange—
gliedert, und die diesbezüglichen Ausgaben mit denjenigen der Erwerbslosenfürsorge gesondert
liquidiert. Mit den inzwischen herausgegebenen Richtlinien für die Fürsorge der aus Elsaß—
Lothringen Vertriebenen im Deutschen Reich wurde das gesamte Flüchtlingswesen für die In—
landsdeutschen in großzügiger Weise ausgebaut und die Gesamtkosten vom Reich übernommen.
Da mit dem Anwachsen der nach Nürnberg zugewanderten Flüchtlinge auch das Bedürfnis
nach brauchbaren und billigen Möbseln stieg, wurde mit der hiesigen Gemeinnützigen Gesell—
schaft für Hausratbeschaffung m. b. H., an welcher damals die Stadt beteiligt war, und welche
hernach unter dem Namen „Möbelstelle des städtischen Wohlfahrtsamtes“ ganz von der Stadt über—
iommen wurde, ein Abkommen getroffen, daß sich dort sämtliche mittellosen Flüchtlinge, die wieder
einen eigenen Hausstand gründen wollten, gegen eine geringe Anzahlung und die Berpflichtung
einer monatlichen Abzahlung mit den nötigen Bausratgegenständen versehen konnten. Da die
Flüchtlinge ja ausnahmslos eine Sicherheit nicht bieten konnten, trat in all diesen Fällen die
Flüchtlingsfürsorge ein. Sie übernahm nach Prüfung des Falles durch den Fürsorgeausschuß
Bürgschaft für einen den Verhältnissen des Flüchtlings angemessenen Betrag. Die mittlerweile
herausgegebenen Richtlinien für die Fürsorge der aus Elsaß-Lothringen Vertriebenen regelten
die Kostenaufbringung für anzuschaffende Möbel dahingehend, daß ein Orittel durch Unter—
stützung und zwei ODrittel durch Darlehen aufgebracht werden sollten. Auf Grund dieser Bestim—
mung schied von diesem Zeitpunkt ab die Flüchtlingsfürsorge bezüglich Möbelbeschaffung aus,
und an ihre Stelle trat die hiesige Ortsgruppe des Hilfsbundes für die Elsaß-Lothringer, eine
Interessenvereinigung genannter Flüchtlinge, die die nötigen Schritte unternahm, um die Flücht—
linge in den Besitz der nötigen Mittel, sei es auf dem Wege von Darlehen oder Unterstützungen,
zu bringen, die es ihnen ermöglichten, ihre Möbel nach Wahl in einem Geschäft zu kaufen.
Weit größer als die Nachfrage nach Möbeln war die nach Kleidern und Wäsche.
Die scharfen Bestimmungen der ausweisenden Behörde, wonach jeder Flüchtling nur höchstens
50 k8 Gepäck mitnehmen durfte und die drückende wirtschaftliche Lage, in der sich der ohne Mittel
und ohne Existenz dastehende Flüchtling befand, zwangen ihn bei Neuanschaffungen, die Fürsorge
in Anspruch zu nehmen. In der inzwischen in die Bekleidungsstelle des städtischen Wohlfahrts-
amtes umgeschaffenen, damals schon bestehenden Altbekleidungsstelle im alten Stadttheater
in der Lorenzerstraße wurde eine eigene Abteilung für Flüchtlinge, teils aus Beständen des
Roten Kreuzes, teils aus solchen der Staͤdt eingerichtet. Aus diesem Lager konnten die Flücht—
linge bis heute in ausreichendem Maße mit den nötigen Kleidern, Wäsche und bis Anfang des
Jahres 1920 auch mit Betten versehen werden, die ihnen je nach Bedürftigkeit unentgeltlich,
gegen teilweise oder vollständige Bezahlung überlassen wurden. In jüngster Zeit wird die
Stelle nur mehr verhältnismäßig wenig in Anspruch genommen, was wohl hauptsächlich darauf
zurückzuführen ist, daß die Flüchtlinge festen Boden gewonnen, sich eine eigene, Existenz gegründet
haben und nunmehr bestrebt sind, wieder selbst für das, was sie nötig haben, aufzukommen.
Um Härten, die in der Fürsorge der AUslandsdeutschen gegenüber derjenigen
der Inlandsdeutschen auftraten, zu mildern, wurde der Anregung des bayerischen Staates folgend