Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg des Jahres 1919 (1919,1 (1920))

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Wohlfahrtspflege 
bielfach außerstande, auch nur die notwendigsten Reparaturen vornehmen zu lassen. Unter 
solchen Berhältnissen war es der Rechtsauskunftstelle oft nicht möglich, durch ihre vermittelnde 
Tätigkeit allein praktische Erfolge zu erzielen, und es mußte daher nach einer anderen Lösung 
der Schwierigkeiten gesucht werden, so z. B. durch Verweisung auf Unterstützungen aus Mitteln 
des Wohlfahrtsamtes. In der letzten Zeit mehren sich die Anfragen auf dem Gebiete des 
Steuerrechts. Hier begegnet man besonders den Klagen der nicht mehr arbeitsfähigen 
Kleinrentner, die sich bereits vor dem Kriege mit einem mäßigen Kapital zur Ruhe gesetzt und 
von den RVenten ihres meist bescheidenen Vermögens gelebt haben. Die in den neuen Steuer— 
gesetzen vorgesehenen Erleichterungen können ihre Lage nicht wesentlich verbessern. Mehr 
als in den früheren Jahren hat sich die Rechtsauskunftstelle der vermittelnden Tätigkeit in 
Privatstreitigkeiten zugewendet. Für eine solche besteht ein entschiedenes Be— 
dürfnis. In vielen Fällen gelang es dabei, eine sachliche Aussprache der Gegner herbeizuführen 
und einen den berechtigten Ansprüchen der beiden Parteien genügenden Ausgleich zu finden, 
wodurch viele Prozesse vermieden werden konnten. Fragesteller, welche wegen der Art und 
der Bedeutung ihrer Streitsache eines ständigen Beistandes oder einer Vertretung bedurften, 
wurden an die Rechtsanwälte und an die Gerichte verwiesen. 
7. Kinder- und Jugendfürsorge. 
a. Säuglings- und Kleinkinderfürsorge. 
Aufgaben. Die Aufgaben des am 1. Dezember 1919 beim städtischen Wohlfahrtsamt an— 
gestellten Oberarztes Dr. Zeltner, der vorher als leitender Arzt einer städtischen Mutterberatungs- 
—I0 Linie galt es, die Lücke zu füllen, die in 
der Fürsorge des Kleinkindes noch besteht. Es erschien am einfachsten und besten, die Klein— 
kinderfürsorge auf der Grundlage der offenen Säuglingsfürsorge aufzubauen, für erstere die be— 
reits bestehende Organisation der letzteren zu benützen, so daß Personal und Räume bleiben 
konnten und nur eine neue Wochensprechstunde eingelegt werden mußte. Nur war die Zahl 
der Fürsorgestellen um 2 und dementsprechend das Personal zu vermehren. Ferner war der 
Ausbau des Kindergartenwesens notwendig, das in mehrfacher Hinsicht, sowohl erziehlicher 
als auch gesundheitlicher, hinter den neuzeitlichen Anforderungen zurückgeblieben ist. Dem ersteren 
Bedürfnis genügt die Abstellung einer Oberkindergärtnerin, deren Aufgabe es ist, nicht nur die 
städtischen und privaten Kindergärten in jeder Weise zu fördern, sondern auch für die Fort— 
bildung der Kindergärtnerinnen zu sorgen, und auch das Elternhaus für die Kindergartensache 
zu interessieren. Den gesundheitlichen Forderungen wird vor allem dadurch Rechnung 
getragen, daß die einzelnen Anstalten auf die Arzte der Mutterberatungsstellen verteilt und von 
diesen ärztlich überwacht werden sollen. Besondere Maßnahmen beansprucht die Lage der unehe— 
lichen Säuglinge; während nämlich die Sterblichkeit der ehelichen Säuglinge im letzten Jahr— 
zehnt in fortwährendem erfreulichem Abstieg begriffen ist, zeigte diejenige der unehelichen Säug— 
linge in den Jahren 1917 und 1919 wieder einen ganz bedenklichen Anstieg. Wenn es zu den 
alltäglichen Erscheinungen gehört, daß eine ledige Mutter nach ihrer Entlassung aus dem Wöch— 
nerinnenheim mit ihrem Kind auf der Straße steht, so muß hier von einem schreienden Notstand 
gesprochen werden. Zu Bause könnte sie, selbst wenn sie die Mittel dazu hätte und die Saus⸗ 
frau es dulden würde, ihr Kind nicht behalten, weil das Zimmer nur selten heizbar ist; die Unter— 
bringung in einem Kostplatz scheitert ebenso sehr an dem Mangel an Kostfrauen wie an dem 
unerschwinglich hohen Kostgeld. Die Heime aber vermögen all diese Kinder nicht zu fassen, 
sind auch für zarte Neugeborene kaum der rechte Platz. Aus all diesen Gründen wird die Schaff— 
ung eines bescheidenen Mütterheimes im Kreis der städtischen Säuglingsheime erstrebt, 
sowie die Einrichtung eines den gleichen Zwecken dienenden Saales im Wöchnerinnenheim. 
Da aber diese beiden Abteilungen den Ansprüchen in keiner Weise zu genügen vermögen, so ist
	        
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