Full text: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg des Jahres 1919 (1919,1 (1920))

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Wohlfahrtspflege 
glieder hat sich durch die Neuordnung grundlegend geändert. Das Armenrats-Kollegium, das 
sich nicht mehr mit den einzelnen Unterstützungsgesuchen zu befassen braucht, kann seine Kraft 
und Zeit den grundsätzlichen Fragen der Armenpflege widmen. Der Schwerpunkt der Einzel⸗ 
armenpflege ist nun in die Bezirke und Bezirkspflegeausschußsitzungen 
verlegt. Den Bezirkspflegeausschüssen ist ein ziemlich großes Arbeitsgebiet zur selbständigen 
Erledigung übertragen. 
Die Zahl der Armenbe zirke konnte von 58 auf 18 herabgesetzt werden. Dies 
bedeutete jedoch nicht, daß die für eine moderne Armenpflege unbedingt zu fordernden Grund⸗ 
sätze der Dezentralisation und SIndividualisierung Schaden litten. Die 
Durchführung dieser Grundsätze ist nicht von der Zahl der Bezirke, sondern von dem Ausbauder 
Pflegerorganisationabhängig. Die Rechte der Pfleger wurden durch die neue Satzung 
bedeutend erweitert. Jetzt haben alle Pfleger im Bezirkspflegeausschuß nicht nur beratende, 
sondern auch beschließende Stimme. Als Stellvertreter des Bezirksvorstehers ist nun ein Pfleger 
aufgestellt. Da nach allgemeiner Äberzeugung die ehrenamtliche Tätigkeit allein zur Bewälti— 
gung der sozialen Fürsorgeaufgaben der Gegenwart nicht mehr ausreicht, sind den ehrenamt— 
lichen Armenpflegern berufsmäßige Armenhelfer an die Seite gestellt worden. Ihre Zahl be— 
trägt 3. Zt. 4 (2 Männer und 2 Frauen). 
Zur Erleichterung der Geschäfte der Bezirkspflegeausschüsse ist beim Armenamt eine 
besondere Abteilung für Außendienst errichtet worden. Diese hat nicht nur die 
Bezirksarmenpflege zu organisieren, sondern auch die ehrenamtlichen Organe in ihren Aufgaben 
nach Möglichkeit zu unterstützen und die Tätigkeit der berufsmäßigen Armenhelfer zu überwachen. 
Der Außendienststelle ist außerdem eine Unterabteilung für Armenstatistik angegliedert 
worden. 
Die Zahl der Armenpfleger beträgt 206, so daß auf l Armenbezirk durchschnittlich 12 
Pfleger kommen. Ein Pfleger hat in der Regel 6 Armenfälle zu behandeln. 
In den früheren Jahren waren zur är ztlichen Versorgung der Armen 
eine Anzahl Armenärzte (zuletzt 18) im Nebenamte aufgestellt. Am 11. Dezbr. 1918 hat der Armen— 
rat beschlossen, für die Armen die freie Arztwahlsab 1. Januar 1919 einzuführen. Nach 
dem mit dem ärztlichen Bezirksverein abgeschlossenen Bertrag ist nun jeder von der Armen— 
pflege unterstützte Arme berechtigt, auf Grund des ihm vom Armenamt ausgestellten Kranken— 
scheines einen Arzt zu wählen, der der Krankenkasseabteilung des ärztlichen Bezirksvereins an— 
gehört und das sind die meisten hiesigen Arzte. Der Verein erhält vom Armenrat eine bestimmte 
Pauschale ausbezahlt, die er an seine Mitglieder verteilt. 
Damit die Unterstützungsfälle in den einzelnen Bezirken einheitlich behandelt und die Unter— 
stützungen möglichst gleichmäßig festgesetzt werden können, hat der Armenrat am 14. Oktober 
1919 beschlossen, die Ausschluß-oder Notbedarfssätze wieder einzuführen. Er 
hat auch Grundsätze aufgestellt über die Anrechnung des Lohnes, des Krankengeldes, der Renten 
usw. auf den Notbedarfssatz. In den folgenden Monaten mußten diese Sätze infolge der zuneh— 
menden Teuerung mehrmals erhöht werden und am Schlusse des Berichtszeitraumes waren sie 
wie folgt festgesetzt: für 1J alleinstehenden Mann monatlich 80 M, l alleinstehende Frau monatlich 
30 M, 1 kinderloses Ehepaar 130 M., iedes Kind unter 14 Jahren 30 M. jedes andere Familien— 
angehörige 50 M. 
Tätigkeit. Die Zahl der Armenfälle (ständige Unterstützungsempfänger) betrug am 
Schlusse des Berichtsjahres 1213 (Familien oder Einzelpersonen). Die Gesamtzahl der 
unterstützten Personen belief sich auf 2208, wozu noch 188 Kostkinder kommen. 
Die Armenspeiseanstalt, Trödelmarkt 58, wurde am 31. Dezember 1019 ge— 
schlossen. Das Mittagessen für die Armen hat in der folgenden Zeit die Volksspeisungsanstalt 
abgegeben. In den 5 Armenhäusern untere Kreuzgasse 16, Maxplatz 8. Kapadocia 1.
	        
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