1488
den Glauben allein und dessen Leugnung der menschlichen Willens—
freiheit. Fürer machte seine abweichenden Ansichten nicht laut geltend,
er offenbarte sie bloß in den Briefen an seine Freunde und hinterließ
sie in seinen Tagebüchern, aber er zog sich allmählich von dem öffent—
lichen Leben vollständig zurück.
Von ganz anderen Beweggründen als Christoph Fürer war der
durch seine Vielgeschäftigkeit in weiten Kreisen zu einem gewissen Ruf
gelangte Dr. Christoph Scheurl geleitet, als er der Reformation
den Rücken kehrte. Dieser, Sohn des 1467 aus Schlesien eingewander—
ten Christoph Scheurl d. A. hatte in Heidelberg und Bologna studiert,
war Doktor beider Rechte und hatte an der Wittenberger Universität
gelehrt, bis er 1512 als Ratskonsulent nach Nürnberg berufen wurde.
In der Rede wie mit der Feder äußerst gewandt und von außer—
ordentlicher Arbeitskraft, hatte Scheurl sich in der Reichsstadt bald
eine angesehene Stellung erworben. Dabei kam ihm seine Verwandt—
schaft mit den ältesten ratsfähigen Geschlechtern, indem seine Mutter
eine geborene Tucher, seine Gattin eine geborene Fütterer war, nicht
wenig zu statten. Wichtigen Gesandtschaften wurde er als Sprecher
beigegeben, auch war er in Sachen der Kirchenreformation als Be—
vollmächtigter des Rats öfters thätig, zuletzt noch als Redner uud
Fragesteller bei dem Religionsgespräch 1525. Einer der unermüd—
lichsten Briefschreiber aller Zeiten, suchte er mit Luther und dessen
gefährlichstem Gegner, Dr. Eck, zu gleicher Zeit auf gutem Fuße zu
stehen. Eitelkeit und charakterschwache Achselträgerei war sein Wesen
und der Verkehr mit berühmten oder hochgestellten Persönlichkeiten
seine höchste Glückseligkeit. — Jedenfalls hat die Sache der Reforma—
tion, deren Grundwesen Scheurl niemals mit wahrem Ernst erfaßte,
dadurch keinen Abbruch erlitten, daß sich der eitle Mann schließlich
zleichgiltig von ihr abwandte.
Ein Abtrünniger im Sinne der strikten Lutheraner war auch
Willibald Pirkheimer. Schon wegen der hervorragenden
Stellung dieses Mannes in seiner Vaterstadt mußte sein Verhältnis
zur Reformation immer ein lebhaftes Interesse hervorrufen. Den—
selben Mann, der schon in der ersten Zeit der reformatorischen Be—
wegung mit dem päpstlichen Bann belegt wurde, der mit den Männern
der Bewegung im innigsten Verkehr stand, der, wie im Humanismus
so auch in der Reformation eine Befreiung der Geister erblickt und
freudig begrüßt hatte, ihn sehen wir im letzten Abschnitt seines
Lebens eine, wenn auch nicht ausgesprochen feindselige, doch schroff
abweisende Stellung gegenüber der herrschenden, in ausschließlich
lutherischem Sinn wirkenden Partei in Nürnberg einnehmen. Es ist
deshalb nicht zu verwundern, daß diese anscheinende Umwandlung
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