Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit 205
Die Summe der an Unterhalts-, Waisenrenten und Familienunterstützungen bei der
Kasse der Berufsvormundschaft eingegangenen Beträge belief sich auf rund 88 600 (64 000) M.
Die Mehrung beruht auf der Zunahme der Mündelzahl, auf der Mehrung und Erhöhung
der Familienunterstützungen und auf der schon erwähnten Verbesserung der Erwerbs- und
Lohnverhältnisse, welche die Schuldbeitreibung erleichterte.
Einnahmebeträge liefen 4864 (4396) ein, Einzelausgaben waren 3556 (3243) zu
leisten. Zur richtigen Beurteilung der Einnahmeziffer sei darauf hingewiesen, daß die Unter—
haltsgelder, Waisenrenten und Familienunterstützungen nur in solchen Fällen an die Berufs—
vormundschaft einbezahlt wurden, wo eine Kontrolle über regelmäßige oder vollständige Ein—
bezahlung der Alimente oder eine richtige Verwendung der einbezahlten Unterhaltsgelder
erforderlich war. Dem städtischen Armenamte wurden als Ersatz seiner Aufwendungen in
638 (570) Fällen zusammen 8270 (6658) MA überwiesen. Nicht sofort zu verwendende Gelder
wurden auf Sparbuch angelegt. Am Jaähresschluß waren auf der städtischen Sparkasse rund
71500 M eingezahlt. Die bei der Kgl. Hauptbank hinterlegten Wertpapiere haben einen
Wert von etwa 60000 M. Zur vierten und fünften Kriegsanleihe wurden aus Mündel—
geldern zusammen 23 100 A gezeichnet.
Von März 1916 ab wurde der Berufsvormundschaft die städtische Kostkinderaufsicht
als nach Wesen und Bedeutung gleichstehende soziale Einrichtung angegliedert.
Haltung der Kostkinder. Im Jahre 1916 waren insgesamt 1197 (1087) Kost—
kinder und zwar 610 (556) männliche und 587 (531) weibliche vorhanden. Davon waren
896 (805) Tag und Nacht, 301 (282) nur tagsüber in Pflege gegeben. Von den 437 (6314)
ehelichen Kindern hatten 57 (28) nur noch die Mutter, 47 (28) nur noch den Vater und
5 (7) waren elternlos.
Außer Pflege sind im Laufe des Berichtssjahres zusammen 410 (487) Kostkinder
gekommen und zwar infolge Weg- oder Umzugs 44 (20), Vollendung des achten Lebensjahres
41 (29), Krankheit des Kindes 10 (5). Gestorben sind 27 (28), von den Eltern oder von
Verwandten wurden zurückgenommen 228 (270), aus sonstigen oder unbekannten Ursachen
kamen 60 (135) Kostkinder außer Pflege. Unter den Gestorbenen 27 (28) befanden sich
21 (22) Tages- und Nachtpfleglinge. Die Haupttodesursache war Lungenentzündung; ihr
erlagen 7 (9) Kostkinder, darunter 1 (2) im Alter bis zu Jahr.
An Weihnachten wurden 47 (47) Pflegemütter, die sich bei der Wartung und Pflege
der ihnen anvertrauten Kinder besonders hervorgetan hatten, mit einem Geldgeschenke von
je 54 bedacht; gleichzeitig wurde ihnen ein Anerkennungsschreiben des Magistrats zugestellt.
Waisenhaus. Zu Beginn des Berichtsjahres befanden sich in der Anstalt 98 Zög—
linge. Neu aufgenommen wurden im Laufe des Jahres 12 Doppelwaisen — 6 Knaben und
6 Mädchen — und 289 Kriegerkinder; von diesen wurden 9 nach einigen Wochen wieder
entlassen und 20 verblieben bis zum Jahresschluß und weiter. Ferner sind 14 Knaben und
6 Mädchen ausgetreten; 1 Mädchen verstarb. Von den ausgetretenen Zöglingen sind die
Knaben in Lehrstellen untergebracht worden; die Mädchen kamen sämtlich in Dienst.
Am 31. Dezember befanden sich, einschließlich der Kriegerkinder, 100 Zöglinge im
Waisenhaus und zwar 51 Knaben, darunter 15 katholische, und 58 Mädchen, darunter 14
katholische. Von den Kindern besuchten 86 die Volkshauptschule, 14 die Fortbildungsschule
im Reutersbrunnenschulhaus und 2 die Hilfsschule: 5 waren noch nicht schulpflichtia. 2 Knaben
besuchten die Realschule.
Das Anstaltspersonal war einigem Wechsel unterworfen und manchmal um eine
Kraft vermindert. Es bestand aus 6 Schwestern, 2 Gehilfinnen, zeitweilig auch einem
Erziehergehilfen. Ein Gärtnergehilfe versah den Garten und die Heizung. Ein Schneider
fertigte die Anzüge der zur Entlassung kommenden Knaben an.