Denkwürdige Vorfälle
1. April. Gründung einer Geographischen Gesellschaft in
Nürn e —3 — Ausrufung der Räterepublik in München. Eine außer⸗
ordentliche baͤperische Landeskonferenz der Sozialdemokratischen Partei,
die am 6. April im Künstlerhaus in Nürnberg tagte, erklärte sich aus politischen und wirtschaftlichen
Gründen gegen die Einführung der Räterepublik im Volksstaate Bayern. Ebenso stellten sich
am 7. April die hiesigen Mehrheitssozialisten, der Nürnberger Arbeiter- und Soldatenrat, alle
Nürnberger Regimenter und alle Truppenteile des 3. Armeekorps hinter Regierung und Landtag.
26. April. Unruhen in Nürnberg. Den Anlaß zu den Unruhen gab die Verhaf⸗
tung der Führer der U. S. P. und namentlich der Tod des Kommunistenführers, Steinhauers
Albert Schmitt, der gelegentlich des Bersuchs seiner Festnahme durch einen Soldaten in der
Notwehr erschossen wurde. Gegen Mittag nahmen die Leilnehmer an einem Oemonstrations⸗
zuge, dem sich auch 200 Siedlungsarbeiter aus Ziegelstein angeschlossen hatten, im Büro der
Deutschen Demokratischen Partei in der Prechtelsgasse 1I0 Personen als Gesi s eln fest. Während
den sich dann entspinnenden Kämpfen mit den Regierungstruppen fand leider ein 125jähriger
Knabe, der eben das Schulhaus am Paniersplatze verließ, den Tod.
27. April. Gründungder Zeit VolkswehrNurnberg. In der Kaserne
des Feldartillerie Regiments Nr. 8 in Schweinau wurde am Sonntag, den 27. April 1919, die
ZeitVolkswehr Nürnberg ins Leben gerufen. Der am 28. April an die Einwohnerschaft
Nürnbergs ergangene Aufruf hat so großen Anklang gefunden, daß im Laufe weniger Stunden
über 600 Mann dem Ruf nach Hilfe bei der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Ruhe,
Ordnung und Sicherheit in unserer Vaterstadt folgten.
28. April. 50o. Gedenktagder BayerischenLSLandesgewerbeanstalt.
1. Mai. Nationalfeiertag. Der durch die verfassunggebende Deutsche National—
versammlung eingeführte allgemeine Feiertag, der dem Gedanken des Weltfriedens, des Völker—
bundes und des internationalen Arbeiterschutzes geweiht ist, wurde von der Nürnberger Arbeiter—
schaft durch Massenversammlungen begangen.
7. Mai. Ehrung. Dem Lack- und Tintenfabrikanten Georg Speckhardt wurde
anläßlich der Vollendung einer 25-jährigen Dienstzeit im Ehrenamte der Stadt als Oistrikts-
vorsteher die silberne Bürgermedaille verliehen.
153. Mai. Protest gegen den Gewaltfrieden. Die Sozialdemokratische
Partei veranstaltete am Dienstag, den 13. Mai, auf der Insel Schütt eine Massenkundgebung
gegen den im Bertragsentwurf zu Versailles ausgesprochenen Gewaltfrieden. Am gleichen Tag
protestierte in der Sitzung des Stadtmagistrats der Vorsitzende, Bürgermeiste Bräutigam,
gegen die schmachvollen Friedensbedingungen. Am 14. und 18. Mai fanden ferner im Herkules—
Saalbau sehr stark besuchte Demonstrationsversammlungen der bürgerlichen Parteien und der
Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei statt.
15. Juni. Gemeinde-und Kreiswahl lodo19. Mit der Wahl von 50 Stadt—
räten der Stadt Nürnberg fand zugleich die Wahl der Vertreter für den Kreistag (Landrat)
für Mittelfranken statt.
26. Juni. Ende der Tätigkeit der beiden städtischen Kollegien.
Dach hundertjährigem Bestehen schloß der Magistrat in der Sitzung am 26. Juni 10190 seine
Tätigkeit ab. Das Kollegium der Gemeindebevollmächtigten hatte am 13. Juni 1010 seine letzte
Sitzung abgehalten.
30. Juni bis 5. Juli. I0o. Kongreßder Gewerkschaften Deutschlands
unter der Leitung des Vorsitzenden der Generalkommission C. Legien-Berlin.
2. Juli. Erste Sitzung des neuen Stadtrates zu Nürnberg.
6. bis 12. Juli. Opferwoche für die Nürnberger Kriegsgefangenen.