v in Jahrhundert nach Erfindung der Buchdruckerkunst, der schönsten und segens—
— die deutschem Genie und deutscher Tatkraft entsprossen, hatte sich die—
selbe in allen Gauen Deutschlands verbreitet und die tüchtigsten und intelligen—
testen Söhne des Vollkes strebten nach der Ehre, derselben anzugehören. Es
kcounte dadurch nicht fehlen, daß die Mitglieder des nützlichsten aller Sewerbe in
Folge des ganz eigentümlichen Verhältnisses und der isolierten Stellung, welche
dasselbe allen übrigen Kunstgewerben gegenüber einnahm, gar bald gezwungen
wurden, unter sich Satzungen und Vormen aufzultellen, die das patriarchalischo
Band, welches die alten Druckherren und ihre Gehilfen umschlungen hielt, fester
knüpfen, von Allen anerkannt, beachtet und befolgt werden sollten. Es entstand
hieraus die von Kaiser und Veich sanktionierte bis zur Entstehung des Bundes⸗
tags gültige allgemeine deutsche Buchdrucker-Ordnung. Diese enthielt
vor allem admimstrative Verordnungen zum Schutze des geistigen wohlerworbenen
Eigentums der Prinzipale, regelte den Betrieb der Offizinen und gab wosentliche
Bestimmungen zum Schutze vor Willkirr und Bedrückungen von Seite der Prin—
zipale den Gehilfen gegenüber. Sie schaffte das Postulat, welches einesteils
die Buchdruckereibesitzer durch die Bestimmung in Betreff der Winkeldruckereien,
in manchen Staaten durch Beschränkung der Vruckoffizinen auf eine bestimmte
Anzahl, in gewisser Art gegen die Schleuderkonkurrenz schützte, andererseits die
Vechte der Gehilfen den Prinzipalen gegenüber festsetzte und den Prinzipalen
in Gemeinschaft mit ihren Gehilfen die Pflicht auferlegte, sie im Alter, bei Krank—
heit und auf Veisen anständig zu unterstützen. Unter der schirmenden Obhut des
Postulates lernte der Gehilfe seinen Prinzipal achten und lieben, des Postulates
Einfluß begleitete den Lehrling durch seine Lehrzeit und schützte das jugendliche
GSemüt des Ausgelernten eine Veihe von Jahren hindurch vor Entartung und
Ausschweifung. Nicht minder nötigte dasselbe den Prinzipal, seine Gehilfen als
Senossen, ebenbürtig in der Kunst und darum zu gleichen Ansprüchen an das
Leben berechtigt, zu betrachten und ihn so zu stellen, wie sein Beruf es verlangte.
In Streitigkeiten, bei Entscheidungen über Vergehen oder Verbrechen standen die
Buchdrucker unter Jurisdiktion der akademischen Senate, was nicht wenig zur
Erstarkung des Selbstgefühles beitrug und sie immer auf einer gewissen Höhe er—
hielt. In diese Epoche fällt die steigende Blüte der Kunst. Eine frische lebendige
Rührigkeit wob sich durch alle Glieder derselben und Männer gehörten derselben
an, deren Vamen in der Geschichte der Literatur ewig glänzen werden. Der An—
teil, den sie an gemeinsamen großen Schöpfungen genommen, ist zu bekannt, als
daß ich ihn hier zu erörtern brauchte, ich erwähne nur einen, den Impuls, den sie
zur Begründung des hohen Rufes unserer deutschen Schulen und deutschen Wissen—
schaften gaben. Sie alle waren die eifrigsten Beförderer des Postulates und der
hohe Wert desselben ließ, wie selten ein überkommenes Institut, begründetem
Tadel wenig Spielraum. Aber es lollte anders werden.
Es ist nicht zu leugnen, daß neben dem unbestritten vielen Guten und Lebens—
kräftigen in dem öInstitute des Postulates sich im Laufe der Seiten auch manches
Ueble. mancher Mißbrauch eingeschlichen hatte, was gerade nicht zum Frommen
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