— 222 —
Wartezeit, sowie durch rigorose Vorschriften über die Verfertigung
der Meister. Am besten fuhren stets dabei die Söhne von Meistern
und diejenigen Gesellen, die eine Meisterstochter oder gar Witwe
heirateten. Diese waren von der Erlegung einer Meisterstaxe befreit
und dazu fand für sie noch eine bedeutende Abkürzung ihrer Gesellenzeit,
wenigstens um ein ganzes Jahr statt. Doch durfte eine Witwe auch
allein mit ihren Gesellen das Handwerk ihres verstorbenen Mannes
weiterführen, nur durfte sie nicht „aus dem Handwerk heiraten.“ That
sie das doch, so ging sie des Rechts zur Ausübung ihres bisherigen
Handwerks verlustig.“) Die „gesperrten“ Handwerke hatten in all
diesen Dingen noch ihre besonderen Bestimmungen, zu Gunsten von
Bürgers- und namentlich von Meisterssöhnen.
Die Meister eines jeden echten Handwerks bildeten unter sich
eine festgeschlossene Vereinigung, die sehr empfindlich wurde, wenn ein
anderes Handwerk oder gar irgend ein Pfuscher oder Staudenmeister
ihren Interessen zu nahe trat. Wir haben gesehen, wie der Rat solche
Kompetenzstreitigkeiten zu schlichten bemüht war. Aber auch innerhalb
eines Gewerbes trug er Sorge, daß kein Meister durch andere benach—
teiligt würde, und es gelang ihm auch in der That, durch seine Be—
stimmungen und Ordnungen einen Rechtszustand hervorzurufen, in
dem jeder Meister seines täglichen Brotes sicher war. So war das
Nachmachen des Zeichens (ein jeder Meister hatte sein eigenes Zeichen,
womit er seine Waren als sein Werk zu erkennen gab), aber auch
schon das Verkaufen und Verleihen desselben, namentlich aber das
„Abspenen“ eines Gesellen strenge verboten. Kein Meister durfte einem
anderen seinen Gesellen durch Verlockungen, durch das Versprechen
eines höheren Lohnes abwendig machen, was, da der Geselle, wenn er
die vorgeschriebene Kündigungsfrist einhielt, an seinen Meister nicht
gebunden war, doch nicht selten vorgekommen sein mag. Doch war
jedem Meister nur eine bestimmte Anzahl Gesellen zu halten gestattet,
die je nach dem Gange der Geschäfte erhöht oder vermindert wurde.
Auch durfte Niemand seinem Zunftbruder eine Arbeit entziehen oder
einen Kunden bedienen, der nicht zuvor alles, was er bei einem anderen
Meister hatte machen lassen, bar bezahlt hatte. Wenn auch schon
manche der angeführten Maßregeln eine freie und zeitgemäße Ent—
wickelung des Handwerks hinderten, so zeigen doch hanptsächlich die
folgenden so recht das ungesunde und unnatürliche des Zunftzwanges.
Im Jahre 1585 befahl der Rat einem Nadlermeister, der einen
neuen Reibzeug erfand, bei einer Strafe von 50 Gulden, das
Instrument wieder wegzuthun. Als ein Fingerhuter 1572 ein neues
* Mummenhoff, Altnürnberq, S. 49.
J
p
s
P
Je
9
4
1
*
11
reit
r